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Wissenswerstes über die Arbeitergeschichte in der Region
Geschichte der Arbeiterbewegung in Cuxhaven

100 Jahre Metallarbeitergewerkschaft in Cuxhaven

100 Jahre
Metallarbeitergewerkschaft
in Cuxhaven


Aus den Cuxhavener Nachrichten vom 26. Oktober 2002:



„Klempner kämpfen schon ab 1902 für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne“

 

Im Oktober 1902 wurde bei dem damaligen hamburgischen Amtsverwalter Dr. Kaemmerer als oberstem Polizeichef für das Hamburger Amt Ritzebüttel eine Zahlstelle des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV) angemeldet. Der DMV ist die Vorgängergewerkschaft der heutigen Industriegewerkschaft Metall (IGM). Damit feiern die gewerkschaftlich organisierten Metallarbeiter in Cuxhaven in diesem Monat ihr 100jähriges Jubiläum.

Im Februar 1902 fanden sich 14 Klempnergesellen zusammen, um über einen Zusammenschluss zu beraten. Ziel war die Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen. Aus den Beratungen heraus wurde dann im Oktober eine offizielle Anmeldung beim Amtsverwalter vorgenommen. Auf dieser ersten Liste sind bereits 38 Mitglieder verzeichnet, auch dieses überwiegend Gesellen der hiesigen Klempnerfirmen.

Die Klempnergesellen hatten zu diesem Zeitpunkt gute Chancen, ihre Löhne und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Durch die Schaffung eines Wassernetzes seit 1896 mit der Pflicht der Haus- und Hotelbesitzer, ihr Haus an dieses Wassernetz anzuschließen, hatten die in Cuxhaven ansässigen Klempnerfirmen die Aussicht auf eine einigermaßen geregelte Auftragslage.

1904 kamen dann auch die gewerkschaftlich organisierten Werftarbeiter in Cuxhaven zum Metallarbeiterverband, sodass nun die wesentlichen Teile der hiesigen Metallarbeiter organisiert waren. Rund 60 Mitglieder zählte der Verband in dieser Zeit, kurz vor dem 1. Weltkrieg waren es 75 in Cuxhaven. Trotz der geringen Zahl der Mitglieder kam es 1904 und 1907 im Klempnergewerbe bereits zu Streiks. 1907 wurden etwa eine Arbeitszeit von 9,5 Stunden am Tag und einen Stundenlohnvon 60 Pfennig gefordert, allerdings ohne Erfolg. 1911 war dann ein Streik der Heizungsmonteure erfolgreich, die Baukonjunktur war damals im deutschen Reich gut.

Auch in Cuxhaven wurde viel gebaut, die Stadt etwa stellte in diesem Jahr ihre ersten hauptamtlichen Baumeister ein und die Petrikirche oder die Schule in Groden wurden eingeweiht. 85 Pfennig wurden als Stundenlohn für Monteure gezahlt, bei einer 9-stündigen Arbeitszeit an sechs Tagen.

Die Metallgewerkschaftler gründeten 1910 eine Zweigkasse der "Sterbe- und Krankenkasse der Metallarbeiter im deutschen Reich" für Cuxhaven. 1912 gab es für die Klempner in Cuxhaven einen ersten schriftlich formulierten Tarifvertrag in der Metallbranche.

Während des Krieges wurden die meisten Mitglieder zum Kriegsdienst eingezogen, nur sieben verblieben in Cuxhaven. Die Gelder der öffentlichen Kasse wurden an die Familien der eingezogenen Mitglieder als Unterstützung ausgezahlt. Im Oktober 1917 begann eine neue organisierte Arbeit der Metaller. Vor allem linke Sozialdemokraten um Hermann Kraatz, den späteren örtlichen USPD-Vorsitzenden und Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates von Cuxhaven, organisierten die Arbeiter in dem hiesigen Munitionsdepot in Groden.

Anfang 1918 gab es wieder 75 organisierte Kollegen in der Verwaltungsstelle Cuxhaven. 1918 brachte die Einführung des Acht-Stunden-Tages durch die Weimarer Republik, aber auch zahlreich Streiks auch in Cuxhaven. Die Schlosser, Klempner und die Werftarbeiter streikten, aber nicht immer erfolgreich. Die Werftarbeiter bei Mützelfeldt mussten damals beispielsweise eine Niederlage einstecken.

Herauszuheben ist für 1924 eine sechswöchige Aussperrung der Werftarbeiter bei Mützelfeldt und der Beckmannwerft, weil die Arbeitgeber den 9-Stunden-Tag wieder einführen wollten. Die Arbeiter konnten dies verhindern. Die 9. Arbeitsstunde wurde zwar häufig geleistet, doch als Überstunde bezahlt. 1929 gab es kurz vor der Weltwirtschaftskrise einen weiteren Streik, die Klempner erreichten eine Erhöhung ihres Stundenlohnes um 8 Pfennig auf 1,22 Reichsmark. In dieser Zeit hatte der DMV in Cuxhaven 341 Mitglieder, davon waren rund 50 Lehrlinge.

Am 2. Mai 1933 wurde das Büro des DMV in der Nordersteinstraße über der Gaststätte "Zur Sonne" (heute das Kaufhaus Woolworth) durchsucht und geschlossen, die Metallarbeitergewerkschaft in Deutschland verboten und das Vermögen und der Besitz beschlagnahmt.

Im März 1948 wurde in Cuxhaven wieder eine Ortsverwaltung der Metallarbeitergewerkschaft gegründet, die sich nun Industriegewerkschaft Metall nannte. Der erste Bevollmächtigte war der Maschinenschlosser Otto Oehlschläger. Die Ortsverwaltung hatte 1948 1030 Mitglieder.

Auch Lohnbewegungen gab es zu dieser Zeit, meist auf einzelne Betriebe beschränkt. Bezahlt wurden dort Löhne, die sich immer noch auf dem Niveau der 1930er Jahre bewegten. Zwischen 1,05 und 1,18 DM bekam ein Arbeiter pro Stunde. Cuxhaven wurde in den 1950er Jahren organisatorisch eine Zahlstelle der Hamburger IGM. Die Metaller hofften dadurch Anschluss an das höhere Hamburger Lohnniveau zu erreichen.

Erst 1960 wurde Cuxhaven wieder eine eigene Verwaltungsstelle der IGM, mit dem ehrenamtlichen 1. Bevollmächtigten Hein Schmidt und der hauptamtlichen Verwaltungskraft Charlotte Laubstein. 999 organisierte Kollegen wurden damals dort in der kleinsten Verwaltungsstelle der BRD betreut. Der letzte Streik in den "goldenen Jahren" der alten Bundesrepublik wurde 1970 dann schon in Bremerhaven im Werft- und Ausrüstungsbereich der Hochseefischerei begonnen und in Cuxhaven fortgesetzt.
Gefordert wurden damals Lohnerhöhungen von 0,59 DM in der Stunde. Nach zehn Tagen Streik im November 1970 wurde der Lohnkampf erfolgreich beendet. Heraus kamen durchschnittliche Stundenlöhne von 6,56 DM im Metallbereich von Cuxhaven.

Ein Beschluss des IGM-Gewerkschaftstages hob dann die insgesamt drei Verwaltungsstellen im Bundesgebiet mit ehrenamtlichen Bevollmächtigten auf, Cuxhaven kam am 1. Oktober 1975 organisatorisch zu Bremerhaven. Etwas hilflos steht dazu im Protokollbuch der IGM Cuxhaven: "Die Zusammenlegung ist beschlossen und wir können dagegen nichts mehr tun. Also werden wir uns nicht gegen den Zusammenschluss stellen."

Nach 73 Jahren endete die Geschichte einer eigenen Organisation der Metaller in Cuxhaven, die 1975 immerhin 1593 Mitglieder vor Ort hatte. Letzter ehrenamtlicher 1. Bevollmächtigter war zu diesem Zeitpunkt Willi Brockmann.

Damit war natürlich die Geschichte der organisierten Metallarbeiter in Cuxhaven nicht zu Ende. Sie spielten etwa im Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze in der Hochseefischerei im Jahr 1981 eine bedeutende Rolle, da viele Beschäftigten im Landbetrieb der "Nordsee - Deutsche Hochseefischerei" in der IGM organisiert waren. Im Januar und Februar wurde versucht den Fischereihafen für ausländische Anlandungen per Schiff und LKW zu sperren. 12 Stunden lang wurde die Seeschleuse zum Neuen Fischereihafen besetzt. Fast gleichzeitig kam es im März 1981 zu Warnstreiks in den Werften und Landbetrieben der Hochsee-Fischerei.

Heute hat die IGM in Cuxhaven 952 Mitglieder, mit dem Betriebsratsvorsitzenden von Impress GmbH & Co. Ulrich Köhler stellt sie auch den 2. ehrenamtlichen Bevollmächtigten der Verwaltungsstelle Bremerhaven.


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Stand: Oktober 2002