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Historie der Arbeitergeschichte und der Arbeit in der Region
Geschichte der Arbeiter­be­wegung in Bremerhaven

1876 – 1904

1876

  • Am 1. Januar erfolgt die Aussperrung aller organisierten Schiffszimmerer an Elbe und Unterweser. 1350 Mitglieder sind davon betroffen und bleiben teilweise bis zu 2 Jahren ausgesperrt.
  • Eröffnung für den nördlichen Teil des "Kaiserhafens I" am 18. Dezember 1876.
  • Die sogenannte „Kleine Kaiserschleuse“ im "Kaiserhafen I" wird fertiggestellt.
  • Georg Seebeck gründet nach seiner Lehre als Kupferschmied in Oldenburg am 1. Oktober eine kleine Klempnerei in Geestemünde, die anfangs bereits kleine Boote herstellte. Je mehr sich der Betrieb aber in der darauffolgenden Zeit vergrößerte, um so schwieriger gestaltete es sich für ihn, da er weder am Wasser lag, noch einen Bahnanschluß hatte.


1877

  • Die Strukturveränderungen im Schiffbau, in der die Holzverarbeitung immer mehr dem Eisen weichen muss, führen zu sozialen Konflikten mit den traditionsbewussten Schiffszimmerleuten, die sich zu Metallarbeitern umschulen lassen mussten.
  • Ab dem 1. November führen die Schiffszimmerleute auf den Werften in Bremerhaven und Geestemünde wegen Lohnabzugs einen großen Streik bis zum 26.3.1878.
  • Der Holzhafen in Geestemünde wird eröffnet.


1879

  • In diesem Jahr wird im Betrieb von Georg Seebeck das erste richtige eiserne Schiff, die Barkasse Minna, gebaut und an eine Hamburger Firma abgeliefert.


1880

  • Die Tecklenborgwerft erhält am 2. September die Genehmigung zum Bau eiserner Schiffe.


1881

  • Franz Tecklenborg erwirbt am 11. März mehrere Grundstücke in Geestemünde auf dem "Wählacker" zum Bau einer neuen, großzügigen Werftanlage für den Eisen- und Dampfschiffbau. Der Kaufpreis beträgt 51.130 Mark.
  • Der Bau des Rotesand-Leuchtturmes beginnt (bis 1885), eine für diese Zeit technische Glanzleistung.
  • Das Städtische Krankenhaus in Bremerhaven wird erbaut (bis 1882).
  • Auflösung der Handelskammer.


1882

  • Tecklenborg eröffnet im Geestebogen (auf dem "Wählacker") einen neuen Werftbetrieb für den Eisen- und Dampfschiffbau. Moderne Helgenanlagen prägten das Werftgelände, das sich 1,5 Kilometer an der Geeste entlang erstreckte. Zeitweise arbeiteten hier später bis zu 4300 Menschen. Drei Helgen sind im Sommer betriebsfertig, außerdem Werkstatt-, Lager- und Verwaltungsgebäude mit elektrischer Beleuchtung und Dampfheizanlage.
    Das "König-Georgs-Dock" in Geestemünde wird für die Reparatur von eisernen Dampfschiffen ausgerüstet.
    Außerdem verfügte die Werft inzwischen im Geestemünder Fischereihafen über einen Zweigbetrieb mit einer Slipanlage, auf der Fischereifahrzeuge repariert und umgebaut wurden.
  • Im Herbst sind auf der Tecklenborgwerft 500 Arbeiter beschäftigt.


1883

  • Mit dem Bau der Kaserne in Lehe an der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Hinrich-Schmalfeldt-Straße) wird begonnen (bis 1886).


1884

  • Rudolf Mädger gründet in Bremerhaven einen Ortsverein der Gewerkschaft der Hauszimmerer.
  • Auf der Tecklenborgwerft wird eine Kesselschmiede eingerichtet. Bisher mussten Kessel für die Schiffsmaschinen von Fremdfirmen angekauft werden.


1885

  • Die "Vereinigung der Metallarbeiter Deutschlands" gründet im März einen Zweigverein Bremerhaven, der im August aufgrund des Sozialistengesetzes wieder verboten wird.
  • Der Geestemünder Reeder Friedrich Busse schickt mit der "Sagitta" den ersten Fischdampfer auf See.


1886

  • Georg Seebeck kauft die neben seiner Firma liegenden Lagerhäuser der Bremer Reederei D.H. Wätjen & Co. Ebenso erwirbt Seebeck ein der Wencke-Werft gehörendes Grundstück mit Eisenbahnanschluß am Ostufer des Geestemünder Querkanals. Dort baut er in den nächsten Jahren zahlreiche Schlepper und Barkassen. Zu dieser Zeit zählt der Betrieb zwischen 120 und 150 Beschäftigte.
  • Der Werftbetrieb des Norddeutschen Lloyd beschäftigt in diesem Jahr 636 Mitarbeiter im Maschinenbau und 425 im Schiffbau. Durch die konstant ansteigende Zahl und der zunehmenden Größe der Schiffe reichen die Hafenkapazitäten bald nicht mehr aus, so dass Dockungen in England durchgeführt werden müssen.
  • Am 16. Dezember beschließt der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) im damaligen Geestendorf sein Vereinsstatut und willfortan die Klassengegensätze durch Bildung der Arbeiterschaft beseitigen und das allgemeine und direkte Wahlrecht erreichen.


1887

  • Weserkorrektion nach den Plänen des bremischen Oberbaudirektors Ludwig Franzius, um den Fluss für Schiffe mit 5 m Tiefgang bis Bremen-Stadt passierbar zu machen. Das Projekt ruft in den Unterweserorten heftige Proteste hervor.
  • Ende der 80er Jahre geht der Güterumschlag am Hafen in Bremerhaven erheblich zurück. Verstärkte Arbeitslosigkeit in den Unterweserorten.
  • In der 2. Hälfte der 80er Jahre ist eine Steigerung der Fischanlandungen zu verzeichnen.
  • Auf der Tecklenborgwerft wird die Produktion von Maschinen aufgenommen.


1888

  • Vereinigung der Gemeinden Geestendorf und Geestemünde am 07. Mai, wobei der ältere Name "Geestendorf" zugunsten des Hafenortes aufgegeben wird.
  • Am 13. Juni findet die erste Fischauktion in Geestemünde statt. Durch das Versteigerungssystem wird der Fischumschlag beschleunigt und ein fester Marktpreis ermittelt.
  • Nach dem Zollanschluß der Hansestädte fallen am 15. Oktober die Zollschranken zwischen den Hafenorten Bremerhaven und Geestemünde und ihren Nachbargemeinden. Der "Kleine Grenzverkehr" mit mancher Gelegenheit zum billigen Einkauf wird damit eingestellt. Die Bezeichnungen "Freigebiet" und "Zollinlandstraße" erinnern noch an diese Zeit.
  • Auf der Tecklenborgwerft läuft das erste aus Stahl gefertigte Vollschiff, die "NAJADE", vom Stapel.


1890

  • Bismarcks sogenanntes "Sozialistengesetz" (Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie / 1878-1890) gab den preußischen Behörden eine Handhabe, die Arbeiterbewegung zu unterbinden. Die Arbeiterorganisationen wichen nun nach Bremerhaven aus, wo ihnen das liberalere Bremer Recht eine weitere Entfaltung gestattete.
  • 1890 bildete sich hier der "Sozialdemokratische Verein für Bremerhaven und Umgegend", die Vorläuferpartei der späteren SPD.
  • Neugründung der Industrie- und Handelskammer Geestemünde.
  • Der Norddeutsche Lloyd muß die Abfertigung der großen Schnelldampfer wegen der veralteten und zu klein gewordenen Hafenanlagen in Bremerhaven für sieben Jahre nach Nordenham verlegen.
  • Auf der Tecklenborgwerft wird ein vierter Helgen errichtet.


1891

  • Auf dem internationalen Arbeiterkongress vom 14.-20. Juli 1889 in Paris hatten die Delegierten beschlossen, "für einen bestimmten Zeitpunkt einen große internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, daß gleichzeitig in allen Ländern und allen Städten an einem bestimmten Arbeitstag die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen".
    Da die American Federation of Labor 1888 bereits einen solchen Beschluß für den 1. Mai 1890 gefaßt hatte, wurde dieser Tag als Termin für die Kundgebungen festgesetzt.
    Für die Unterweserorte beschlossen die Arbeiter am 7. April 1891 auf einer gut besuchten Veranstaltung im "Collosseum" in der Bürgermeister-Smidt-Straße, die Mai-Feier als große Demonstration am 3. Mai, einem Sonntag durchzuführen.

    Am 1. Mai sollte gearbeitet und ein Viertel des an diesem Tage verdienten Lohnes an die Generalkommission der freien Gewerkschaften abgeführt werden. Damit war die Gefahr von Entlassungen wegen Arbeitsniederlegung am 1.Mai umgangen. Eine große Zahl von Unternehmern in den Großstädten hatte bereits im Frühjahr 1890 angekündigt, sie würde Arbeiter, die am 1. Mai nicht zur Arbeit erschienen, aussperren bzw. entlassen. Im preussischen Lehe und Geestemünde wurde die Demonstration verboten. Das Bremische Amt in Bremerhaven erlaubte sie, weil "durch Verbot oder Beschränkungen die Sache nur eine unverdiente Wichtigkeit erhalten würde". Auf ihren ersten Mai-Demonstrationen konnten die Arbeiter vom Marktplatz durch die Bürgermeister-Smidt-Straße zum Saal der Gaststätte "Collosseum" ziehen, allerdings ohne roten Fahnen, die waren nicht erlaubt.

    In den folgenden Jahren wurden die Demonstrationen überwiegend verboten. Bei der Begründung dieser Verbote zeigten die Behörden viel Phantasie; nicht nur die Störung der Ruhe, der öffentlichen Ordnung und des Verkehrs waren Ablehnungsgründe, sondern auch die Belastung der Geestebrücke durch den Gleichschritt der Demonstranten, die Teilnahme von Frauen, das Singen der Marseillaise. Gastwirten, die ihre Säle für Versammlungen zur Verfügung stellten, drohte der Entzug der "Tanzerlaubnis" oder ein "Militärverbot" für ihr Lokal, d.h. erhebliche Einnahmeverluste.
  • Damit die zwölf Schnelldampfer der Flüsse-Klasse des Norddeutschen Lloyd gedockt werden konnten, wurde die östliche Hälfte des Trockendocks des "Technischen Betriebs des Norddeutschen Lloyd" um 19 auf 139 Meter verlängert. Die westliche Hälfte blieb mit der Länge von 120 Meter unverändert. Zu dieser Zeit waren rund 1.000 Mitarbeiter im ?Technischen Betrieb? beschäftigt.
  • Ein Jahr nach Aufhebung des Sozialistengesetzes gründet der "Deutsche Metallarbeiterverband" eine Ortsverwaltung Bremerhaven. Dieser örtlichen Zahlstelle gehören zuerst 58 Mitglieder an.
  • Georg Seebeck erwirbt die Werftanlagen von Schau & Oltmanns am linken Geesteufer. Er erneuert die Hellinge, nimmt den Fischdampferbau auf und kann jetzt auch im Trockendock Reparaturen durchführen. Damit beginnt der Aufstieg Seebecks zur Großwerft.
    Noch im selben Jahr liefert die Seebeckwerft ihren ersten Fischdampfer, die Uranus, mit einer Länge von 38,7m ab.
  • Bau der Fischauktionshalle am Alten Hafen.
  • Mit dem Bau des Fischereihafens I in Geestemünde wird begonnen.


1892

  • An der Moltkestraße in Lehe wird der Zollinlandbahnhof gebaut.
  • Erste Fischauktion am Alten Hafen in Bremerhaven am 13. Februar.
  • Beginn des Baus der Kaiserschleuse, um den damals schnell wachsenden Abmessungen der Seeschiffe Rechnung zu tragen.
  • Der Norddeutsche Lloyd beschließt den Bau eines 160m langen und 25m breiten Trockendocks (Kaiserdock I) für die Schiffe des Norddeutschen Lloyds und der Kriegsmarine.
  • Streik polnischer Erdarbeiter im Kaiserhafen.


1894

  • Im März läuft auf der Tecklenborgwerft das erste auf einer deutschen Werft gebaute Tankdampfschiff, die "AUGUST KORFF", vom Stapel.
  • Im Herbst verlängert die Seebeck-Werft im ehemaligen großen Trockendock von Schau & Oltmanns den Reichspostdampfer "Stettin" für den Norddeutschen Lloyd um 50m.


1895

  • Im Jahr 1895 hatte sich die Seebeck Werft schon derart gefestigt, daß die Dock- und Werftplätze von zwei weiteren Betrieben, Carl Lange, Johanns Sohn und H. F. Ulrichs, angekauft werden konnten (am 8. Mai 1895 nach den Eintragungen des Amtsgerichts Bremerhaven). Die beiden Docks der Fa. Lange erwarb Seebeck von der Witwe Carl Langes, Frau Johanna Lange geb. Specht.
    Als Chef von drei alten Werft- und Dockbetrieben erwies sich Seebeck als geschickter Organisator. Die Ablaufhellinge der alten Firma Schau & Oltmanns am linken Geesteufer wurden ausgebaut. Die Langeschen Trockendocks blieben auch weiterhin Instandsetzungsarbeiten vorbehalten. Das Ulrichssche Doppeldock dagegen baute der neue Besitzer zweckmäßig in ein Baudock um. Lagen keine Neubauaufträge vor, konnte auch dies Dock als Trockendock für Instandsetzungsarbeiten und zur Vornahme von Bodenanstrichen ausgenutzt werden. So wurden dem Schiffbau durch Georg Seebeck völlig neue Wege gewiesen. Der Gedanke des Baudocks ist seit jener Zeit mit seinem Namen unlösbar verbunden.
    Bei der Einrichtung der Baudocks nahm Seebeck aber noch eine weitere grundlegende Neuerung vor. Er stattete das Dock mit einem Helgengerüst aus, dem ersten seiner Art auf einer deutschen Werft.
  • Die Seebeck Werften hatten inzwischen solche Ausmaße angenommen, daß die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unumgänglich geworden war. Am 28. Oktober 1895 kam der Gesellschaftsvertrag zur Konstituierung der Aktiengesellschaft zustande.
    So entsteht die Firma "G. Seebeck A.G., Schiffbau, Maschinenfabrik und Trockendocks".
    Durch die Gründung der Aktiengesellschaft waren zugleich die Vorraussetzungen für jenen Schritt gegeben, der den Werftbetrieb von den Zufälligkeiten des Ebbe- und Flutstroms und den Gefahren unerwarteter Sturmfluten frei machte, die Verlegung nach dem Südende des alten hannoverschen Handelshafen, des sogenannten Petroleumhafens.
  • Mit dem "Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd" in Bremerhaven und dem Doppeldock wurde die vorwiegend im Überseedienst fahrende Lloydflotte von rund 95 Seeschiffen und mehr als 50 Küstendampfer in Betrieb gehalten. Im Bremer Betrieb kümmerte man sich vorwiegend um die rund 180 Schleppschiffe und Leichter die Binnenschiffsflotte. Da das Trockendock nicht immer reichte, wurde in diesem Jahr in Bremerhaven ein Schwimmdock gebaut.


1896

  • Der von den Gewerkschaften und den Sozialdemokraten beantragte Maiumzug in Bremerhaven wird auch von den bremischen Behörden verboten (an den Umzügen nahmen inzwischen oft mehr als 2000 Menschen teil). Stattdessen werden am 1. Mai "zwanglose Spaziergänge" über die "Bürger" nach Geestemünde, Wulsdorf oder Speckenbüttel organisiert.
  • Am 01. November wird der Fischereihafen Geestemünde eröffnet, der sich zum größten seiner Art in Deutschland entwickeln sollte.


1897

  • Erweiterung des Kaiserhafen I.
  • Streik der Hafenarbeiter in Bremerhaven.
  • Die Tecklenborgwerft errichtet am Südende des Geestemünder Fischereihafens auf einem rund 3000 Quadratmeter großen Grundstück eine Patentslipanlage zur Reparatur von Fischereifahrzeugen. Auf dem gepachteten Gelände entstehen eine Werkstatt, eine Tischlerei und ein Arbeitsschuppen.
  • Am 01. Mai wird der erste deutsche Fischsonderzug im Fischereihafen Geestemünde abgefertigt.
  • Der Maiumzug am 1. Mai bleibt verboten.
  • Die Tecklenborgwerft wird in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen "Johann C. Tecklenborg A.G." umgewandelt.
  • Am 20. September werden die große Kaiserschleuse (mit 223m langer, 45m breiter Schleusenkammer und 28m Einfahrtsbreite die größte Schleuse der Welt) und die neue Lloydhalle mit dem "Bahnhof am Meer" eingeweiht. Die Baukosten für die Kaiserschleuse betrugen 18,5 Mio. Mark (umgerechnet und inflationsbereinigt ca. 118 Mio. EUR), es wurden insgesamt über 20.000 Pfähle gerammt und 25 Millionen Ziegelsteine verbaut.


1898

  • Am 1. Mai findet in diesem Jahr wieder eine Mai-Demonstration statt.
  • Auf der Tecklenborgwerft werden die Kessel- und Kupferschmiede erweitert. Ein fünfter Helgen von 180 Metern Länge wird in Betrieb genommen.


1899

  • Am 23. April beginnt ein neunwöchiger Bauarbeiterstreik in Bremerhaven.
  • Die Mai-Umzüge am 1. Mai werden erneut verboten (bis 1902).
  • Das Gelände der Tecklenborgwerft wird an das Eisenbahnnetz angeschlossen.
  • Der Norddeutsche Lloyd nimmt das "Kaiserdock I" in Betrieb.


1900

  • Am 6. Januar führen 18 Former und Gießer einen Abwehrstreik bei Georg Seebeck in Geestemünde durch, und zwar gegen die Reduzierung des Lohnes durch neuen Akkord von 3,70 auf 2,30 Mark pro Tag.
  • Im Juni meldet die alte Firma F.W.Wencke unter dem damaligen Besitzer Nicolaus Wencke Konkurs an. Seebeck erwirbt den Platz mit Trockendock und Querhelling. Seebeck besitzt nun fünf Docks.
  • Vom 14. Dezember 1900 bis zum 11. Februar 1901 erfolgt bei Georg Seebeck ein Streik der Metallarbeiter und Holzarbeiter gegen die Verkürzung der Mittagspause und gegen die Einführung der Akkordarbeit. Organisiert wurde der Streik vom Metallarbeiter-Verband, dem Holzarbeiter-Verband und anderen Gewerkschaften. Seebeck reagiert mit Aussperrung. Die alten Bedingungen müssen akzeptiert werden.
  • Beginn des Baus der Unterweserwerft in Lehe an der Geeste.
  • Auf der Tecklenborgwerft werden eine Kantine und Wohnräume für Arbeiter errichtet.
  • Um 1900 arbeiten etwa 1.000 Personen Tecklenborg.


1901

  • Der Transportarbeiterverband gründet in Bremerhaven eine Ortsgruppe.
  • In Bremerhaven wird ein Gewerkschaftskartell als Zentralorgan der angeschlossenen Einzelgewerkschaften an der Unterweser gegründet.
  • Die "Nordsee" muss wohl mit dem Umbau ihrer älteren Dampfer auf der Seebeck-Werft zufrieden gewesen sein, denn noch im Laufe des Jahres bestellt sie bei der Werft vier weitere Fischdampfer, die 1902 fertig wurden. Damit hatte sich Seebeck eine wichtige Geschäftsverbindung gesichert. Die "Nordsee", die später von Nordenham nach Geestemünde übersiedelte und sich zum größten deutschen Hochseefischereiunternehmen entwickelte, gehört in dieser Zeit zu den besten Auftraggebern der Seebeckwerft.


1902

  • Am 24. September erfolgt die Gründung eines "Konsumvereins für Bremerhaven und Umgebung eGmbH" durch das Gewerkschaftskartell.
  • In diesem Jahr bestellt die "Nordsee" fünf weitere Fischdampfer bei der Seebeck-Werft. Und auch in den darauffolgenden Jahren konnten ständig einige geschlossene Serien von Fischdampfern für die "Nordsee" die Seebeckwerft verlassen.


1903

  • Am 1. Mai gestatteten die bremischen Behörden in Bremerhaven Kundgebungen in Sälen, jedoch nicht unter freiem Himmel.
  • Im Mai beschlossen 109 von 113 Zimmerern bei Tecklenborg mit Zustimmung ihres Verbandes aufgrund der jahrelangen Mißstimmung und der ihnen diktierten schlechten Bedingungen keine Holzarbeiten mehr im Akkord zu machen. Eine Zeitungsnotiz in der "Norddeutschen Volksstimme", die zum Fernhalten des Zuzuges weiterer Zimmerleute aufrief, wurde von der Werftleitung als Eingriff in die laufende Verhandlung mit dem Arbeiterausschuß empfunden. Als die Aufforderung nach Zurückziehung der Notiz abgelehnt wurde, sperrte die Werft 1600 Mann, also fast die gesamte Belegschaft, die zu dieser Zeit 1800 Mann stark war, für eine Woche aus.
    Der Streit endet mit einem Kompromiss: Die Werftleitung muss in Zukunft die Akkordlöhne mit den Gewerkschaften vereinbaren, kann sie also nicht mehr einseitig verfügen.
  • Vom 4. bis 20. Juni streiken 12 Kupferschmiede bei Seebeck und weigern sich, mit gewerkschaftlich unorganisierten Arbeitern zusammenzuarbeiten. Dies führt jedoch zu keinem Erfolg.
  • Im "Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd" wird eine große Kraft- und Lichtzentrale gebaut und die elektrische Versorgung für Kraft- und Lichtverbraucher eingeführt. Bisher hatte jede Werkstatt ihre eigene Kesselanlage mit Betriebsdampfmaschine zum Antrieb der Arbeitsmaschinen.
  • Streik von 700 Hafenarbeitern.
  • Gründung der "Delphin-Werft Riedemann & Co". an der Geeste in Lehe, der späteren "Schiffbaugesellschaft Unterweser AG". Die Werft war zuerst inbesondere als Fischdampfer-Werft bekannt, später für den Bau von Fracht- und Fährschiffen.
  • Verlängerung des Trockendocks von Carl Lange auf eine Länge von 163m.


1904

  • Im Frühjahr wird das verlängerte Lange-Dock mit einer Länge von 163m und einer Breite von 19,5m in Betrieb genommen, so dass jetzt große Schiffe eingedockt werden können. Hier liegen dann später oft die mächtigen Segelschiffe der Firma Rickmers, um den Bodenanstrich zu erhalten.
    Ein Teil des Docks lag in der Achse der Hauptverkehrsader Bremerhavens, der Bürgermeister-Smidt-Straße. Blickte man nach Süden, so sah man die hohen, sehnigen Riggen der dockenden Segelschiffe, blickte man nach Norden, so sah man in der Ferne die mächtigen gelben Schornsteine der Lloydschnelldampfer im neuen Kaiserhafen.
  • Am 1. Mai herrscht erneut ein striktes Verbot für Mai-Umzüge in allen drei Unterweserstädten.
  • Für die Arbeitnehmerschaft der Unterweserorte war das Jahr 1904 besonders folgenschwer und opferreich. Es ging um die Frage des Arbeitsnachweises, die schon immer zwischen Unternehmern und Arbeitern heftig umstritten war. Die Gewerkschaften forderten gesetzliche, kommunale Arbeitsnachweise, an denen Arbeiter und Unternehmer paritätisch beteiligt sein sollten. Dagegen wollten die Unternehmer die Arbeitsvermittlung allein in Händen haben, weil sie darin ein wirksames Kampfmittel gegen die Gewerkschaften, besonders gegen deren leitende Personen, sahen.
  • Die Bauunternehmer hatten eigene Arbeitsnachweisbüros eingerichtet und wollten nun die Bauarbeiter zwingen, diese Büros anzuerkennen und auf eigene Gewerkschaftliche Mitgliedschaft zu verzichten. Als die Bauarbeiter diese Forderungen mit aller Entschiedenheit ablehnten, griffen die Unternehmer am 5. April 1904 zum schärfsten Kampfmittel, sie sperrten alle Bauarbeiter in den Unterweserorten aus. Das von den Arbeitgebern erwartete Nachgeben der Bauarbeiter blieb aus, obwohl in den Arbeiterfamilien nun größte Not ausbrach. Die Unternehmer versuchten, Arbeitskräfte von auswärts, vor allem aus Italien, Polen und Böhmen, zu gewinnen. In den meisten Fällen schlugen diese Versuche fehl. Ein Zwischenfall auf dem Geestemünder Bahnhof beim Eintreffen eines Streikbrechertransportes führte zum großen Geestemünder Landfriedensbruchprozess. Wegen des Versuchs, ein Fahrzeug mit Streikbrechern aufzuhalten, und wegen einiger Steinwürfe, die niemanden trafen, verurteilte die Strafkammer in Geestemünde 12 Angeklagte am 12. Dezember 1904 nach fünfmonatiger Untersuchungshaft zu insgesamt 61 Monaten Gefängnis.

    Im Zuge dieser Auseinandersetzung redete Karl Liebknecht in einem vollen Saal in Lehe vor den Bauarbeitern und Bürgern.

    Die Aussperrung der Bauarbeiter ging erst im Oktober 1904 zu Ende. Der Arbeitsnachweis der Bauunternehmer blieb bestehen, aber kein Bauarbeiter trat aus der Gewerkschaft aus.
  • Im Juni traten die Kesselschmiede bei Tecklenborg wegen Lohnforderungen und ungeregelter Akkordbedingungen in den Streik. Es handelte sich um etwa 150 Mann. Daraufhin kündigten Tecklenborg und Seebeck ihren gesamten Belegschaften, ohne sich vorher auf Verhandlungen mit den Streikenden einzulassen. Wenige Tage später standen 3.500 Werftarbeiter, die zu mehr als 90% mit dem Konflikt nichts zu tun hatten, ausgesperrt auf der Straße. Lediglich die Meister und die Lehrlinge, insgesamt etwa 350 Mann, arbeiteten weiter. Erst nach sieben Wochen konnte die Auseinandersetzung mit geringen Zugeständnissen seitens der Werftleitungen beendet werden.
  • Die Seebeck-Werft feiert in diesem Jahr ein Jubiläum: Das tausendste Schiff, das eines der fünf in ihrem Besitz befindlichen Docks benutzte.
  • Der Gesamtbetrieb von Georg Seebeck an der Geeste beläuft sich jetzt auf 65.000 qm mit einer Wasserfront von 920m. Neben dem Schiffbau- und Dockbetrieb hatte in diesen Jahren auch die Maschinenfabrik gut zu tun. Es konnten mancherlei ortsfeste Anlagen hergestellt werden. Unter anderem erhielt die Stadt Bremerhaven von Seebeck die Maschinen- und Kesselanlage für das neue Elektrizitätswerk an der Schifferstraße, das 1904 eröffnet wurde. Weiter lieferte Seebeck die Betriebsanlage für das Hansa-Kohlen- und Brikettwerk am Südende des Neuen Hafens in Bremerhaven.
  • In der Zeit zwischen 1904 und 1909 gibt es eine Krise in der Handelsschiffahrt und auch die Hochseefischerei hat wenig befriedigende Geschäftsergebnisse. Die Seebeckwerft kann zwar Neubauaufträge verbuchen, muss aber einige davon zu verlustbringenden Preisen annehmen.
  • Fertigstellung der neuen Geestedrehbrücke im Zuge der Fährstraße am 20. Dezember.
  • Das Krankenhaus Lehe wird gebaut.