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Historie der Arbeitergeschichte und der Arbeit in der Region
Geschichte der Arbeiter­be­wegung in Bremerhaven

1905 – 1919

1905

  • Am 12. und 13. März richtete eine außergewöhnliche hohe Sturmflut (die höchste seit 1825) an den Werft- und Dockanlagen der Geeste arge Verwüstungen an.
  • Maikundgebungen am 1. Mai bleiben bis 1909 verboten.
  • Auf der Tecklenborg-Werft treten am 17. Juni zunächst nur die Kesselschmiede in den Streik. Es geht um unklare Akkord- und Zeitlöhne. Vom 25. Juli an streiken 3500 von insgesamt 5000 Arbeitern der Werften Tecklenborg, Seebeck und Rickmers. Die Unternehmer reagieren mit Aussperrungen. Nach sieben Wochen einigt man sich auf einen Kompromiss.
  • In den Jahren 1904 und 1905 fand auf der Tecklenborg-Werft eine grundlegende Modernisierung und Vergrößerung statt. Zum Beispiel wird der Betrieb im Geestemünder Fischereihafen durch einen zweiten Helgen und eine Maschinenwerkstatt erweitert. In dieser Zeit zählte Tecklenborg zu den größten Werften in Deutschland. Es entstanden nun die seinerzeit größten Schiffsneubauten an der Unterweser.
  • Dem "Gewerkschaftskartell für Bremerhaven und Umgebung" gehören 30 gewerkschaftliche Organisationen mit 5913 Mitgliedern an.


1906

  • In Geestemünde führt die Arbeiterbewegung im Rahmen der Wahlrechtskämpfe den ersten öffentlichen Demonstrationszug durch.
  • Nachdem im April Matrosen und Netzmacher, nach vielen erfolglosen Verhandlungen in den vorhergehenden Jahren, bereits wegen Verweigerung der Löscharbeiten auf dem Fischdampfer "Emden" Haftstrafen in Kauf nehmen mußten, kam es im Herbst des Jahres zum Streik in der Hochseefischerei. Neben Lohnerhöhungen forderten die Besatzungen Befreiung vom Löschen und Wegfall der bisherigen Prozentregelung.
    Der Streik dauerte nur wenige Tage und verlief erfolgreich, obwohl nur ein Drittel der Besatzungen organisiert war. Die Löscharbeiten übernahm nach einer Übergangsregelung von 1908 an die Fischerei-Betriebsgenossenschaft mit eigenen Löschgängen. Den Besatzungen blieb die kurze Liegezeit im Hafen nun zur eigenen familiären Verfügung. Eine Aufbesserung der Heuern wurde ebenfalls erreicht.
  • Der Bau der Unterweserwerft in Lehe an der Geeste ist abgeschlossen.
  • Fertigstellung des Krankenhauses Lehe.
  • Mit dem Bau des Kaiserhafen II wird begonnen.
  • Im Herbst begannen die Bauarbeiten für einen neuen 13h großen Werftplatz der Seebeck Werft im Geestemünder Handelshafen (alter Petroleumhafen). Die Werkstätten und Betriebe plazierte Seebeck so, daß nur kurze Transportwege zurückgelegt werden mußten.
    Zwei Baudocks mit je 163 m Länge entstanden. Es entstand eine Werft neuesten Stils. Am Eingang zur Werft lag das dreistöckige Verwaltungsgebäude. Es enthielt Direktionsräume, kaufmännische Büros, Konferenzsaal, Zimmer für Baubeaufsichter, Lichtpauserei und oberhalb dieser Räume eine Direktorwohnung. Nach hinten angebaut war das schiffbau- und maschinenbautechnische Büro. Die wichtigste Aufgabe bei der Erstellung dieser neuen, revolutionären Werftanlagen bildete eine günstige Lösung der technischen Einrichtungen, insbesondere der Versorgung der Werft mit Licht, Wasser usw. Auf Grund der auf dem Gebiet der Werftanlagen gemachten Erfahrungen wurde die Leistungsgröße für die Beschaffung von Elektrizität für Licht- und Kraftzwecke auf 1.000PS festgesetzt, wobei bestimmt wurde, daß möglichst nur elektrischer Antrieb und elektrische Beleuchtung zur Verwendung kommen sollte und die Elektrizität in einem gemeinsamen Kraftwerk erzeugt werden sollte. Der Platz für das Kraftwerk wurde ziemlich im Mittelpunkt der Werft, gegenüber dem Verwaltungsgebäude, getrennt durch eine breite Werftstraße, gewählt.
    Am Kopf der Baudocks lag die 1.500qm große Winkelschmiede mit Glühofen, Richtplatten an beiden Enden, acht großen Rundfeuern, einer Winkelschere, Profil- Biegemaschine, Rundeisenschere, Winkel-Preßmaschine und einer waagerechten Bohrmaschine. Seitlich von der Winkelschmiede und dem zweiten Baudock lagen die Schiffbauhallen und der Schnürboden nebst der Zulage von zusammen rd. 10.000qm Fläche. Eine Gleisanlage war über die ganze Werft verzweigt, so daß fast sämtliche Baustoffe auf dem Schienenwege in die Werkstätten gelangen konnten. Das zweistöckige Tischlereigebäude hatte einschließlich Holzlager und Trockenraum rd. 4.000qm Grundfläche. Das Gebäude lag in der Nähe des Ausrüstungshafens, so daß fertige Möbel, Wandbekleidungen usw. auf dem kürzesten Wege dorthin geschafft und eingebaut werden konnten.
    Während der vier Baujahre wurden laut unterschiedlichen Berichten zufolge zwischen 3 und 6 Mio. Mark in die neue Anlage investiert. Es war nun möglich, Schiffe bis zu 16.000 Tons Tragfähigkeit mit den dazugehörigen Maschinen- und Kesselanlagen zu bauen. Seebeck war um diese Zeit die einzige Werft, die den Bau großer Schiffe in sogenannten Baudocks, d. h. Trockendocks mit darüber angeordneten Helgen- und Krananlagen betrieb, wobei Vorteile durch kürzesten Materialtransport, lotgerechtes Aufstellen der Schiffe und Fortfall des nicht ungefährlichen Stapellaufs erzielt wurde.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 1.100 Beschäftigte.
  • Gründung des SPD-Ortsvereins Wulsdorf am 22. Oktober.
  • Der Verband der Schiffszimmerer löst sich auf. Die Gruppe hatte zuletzt noch 53 Mitglieder. Im Jahre 1875 gehörten 744 Männer der Gewerkschaft an, aber damals stand der Holzschiffbau noch in der Blüte, was sich in den folgenden Jahrzehnten grundlegend änderte. Die verbleibenden Schiffszimmerer wurden vom Metallarbeiterverband betreut.
  • Von 1906 bis 1907 wird auf der Tecklenborgwerft ein repräsentatives Verwaltungsgebäude, der sogenannte "Graue Esel", in Geestemünde auf dem Gelände an der Geeste gebaut.


1907

  • Die erste Auktionshalle im Fischereihafen Geestemünde wird durch einen Brand vernichtet und neu aufgebaut.
  • Auf der Rickmerswerft streiken am 10. April 100 Arbeiter erfolgreich für eine Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit. Die Werftleitung sperrt Arbeiter aus, muss aber nachgeben.
  • Fertigstellung des 500m langen „Kaiserhafens II“ am 14. November.
  • Beginn mit dem Bau des "Kaiserhafen III".
  • Gründung eines Kartells der Christlichen Gewerkschaften. Sie bleiben an der Unterweser eine Randerscheinung ohne jeden Einfluss. Der Christliche Metallarbeiterverband hatte beispielsweise sieben Mitglieder, der Gutenberg-Bund deren zwölf. Die Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften befanden sich in einer ähnlichen Lage. Der "Gewerkverein der Maschinenbauer und Metallarbeiter" hatte 60 Mitglieder. Auf den Werften waren 1907 2317 Mitglieder der sozialistischen, 30 Mitglieder der Hirsch-Dunckerschen und zwei Mitglieder der christlichen Gewerkschaften beschäftigt.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 1.050 Beschäftigte.
  • Neben der alten Geestebrücke entsteht die Seebeck-Villa. Schon seit dem Jahr 1906 trug sich Georg Seebeck mit dem Gedanken, seinen Wohnsitz von Geestemünde nach Bremerhaven zu verlegen, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fischplatz, an der Stelle des ehemaligen Wenckeschen Maschinenhauses. Der Einzug erfolgt 1908.


1908

  • Am 28. März kommt es auf den Werften der Unterweserstädte zur Aussperrung von 775 Werftarbeitern (Tecklenborg 450, Seebeck 225, Rickmers 100), weil auf einer Kieler Werft eine kleine Gruppe Nieter die Arbeit niedergelegt hat. Nach Beendigung des Streiks stellt sich heraus, daß die Maßnahme der Werften vor allem der Reduzierung der Belegschaften wegen der schlechten Geschäftslage galt. Besonders eine große Zahl von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Arbeitern, die z. T. ihr gesamtes Arbeitsleben auf den Werften zugebracht hatten, wird nicht wieder eingestellt.
  • Die Delphinwerft (später "Schiffbau-Ges. Unterweser) meldet Konkurs an.
  • Durch das Anwachsen der Flotte des Norddeutschen Lloyd und der stetig steigenden Schiffsgrößen genügt das "Kaiserdock I" nicht mehr den Anforderungen. Daher beginnt man 1908 mit dem Bau des "Kaiserdock II". Es hatte eine Länge von 267,90m, eine Einfahrtsbreite von 40,26m und eine Tiefe von 11,56m bei gewöhnlichem Hochwasser.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 800 Beschäftigte.


1909

  • Der 600m lange "Kaiserhafen III" wird seiner Bestimmung übergeben.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 600 Beschäftigte.


1910

  • Der 1. Mai fällt auf einen Sonntag. Nun sind in Bremerhaven und Geestemünde Umzüge gestattet, an denen 5000 Arbeiter teilnehmen. Zur Kundgebung in Schwieferts Garten (Wulsdorf) kommen sogar 8000 Teilnehmer.
  • Im September streiken 1.492 Werftarbeiter in Bremerhaven und Geestemünde.
    Mit der auflebenden Konjunktur und dem Wachsen der Industriekapazität ab 1909 setzten verstärkt Bemühungen der Gewerkschaften ein, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter zu verbessern. Die zweite Werftarbeiterkonferenz, die im Juli 1910 in Hamburg tagte, war von Delegierten aus Bremen, Bremerhaven, Flensburg, Hamburg, Kiel, Lübeck, Rostock, Stettin und Vegesack beschickt. Die Konferenz beschloß die Verabschiedung einer "Vorlage zur Regelung der Lohn-und Arbeitsverhältnisse auf den Seeschiffswerften".
    In dem Papier wurde geforderte, die täglich Arbeitszeit auf neun Stunden zu reduzieren, an Samstagen auf 8 Stunden. Die Wochenarbeit sollte auf 53 Stunden begrenzt werden und der Wochenlohn um 10% erhöht. Es ging um eine verbindliche Akkordregelung, einen Arbeiterausschuß als Vermittlungsinstanz zwischen Arbeitgeber und Arbeitern.
    Die Werftunternehmer lehnten ab mit der Begründung, die Leistungsfähigkeit des Schiffbaus vertrage solche Beunruhigungen nicht.
    Infolge der starren Haltung der Arbeitgeber kam es in Hamburg nach einer weiteren Sitzung der Werftarbeiterkonferenz zur Arbeitsniederlegung auf allen dort befindlichen Werften. 7.000 Werftarbeiter traten am 5.8.1910 in den Streik, darunter auch die den christlichen und Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaften angeschlossenen.
    Die Werftindustriellen konterten wiederum mit einer allgemeinen Aussperrung auf allen Hamburger Werften. Am 11.8. wurden 60% aller Arbeiter entlassen. Zu den inzwischen 9.000 Streikenden kamen nun noch 11.000 Ausgesperrte. Die Streikbewegung weitete sich durch Sympathiestreiks reichsweit auf nahezu alle anderen Werften aus (bis auf Norddeutscher Lloyd)und im September 1910 befanden sich 36.292 Werftarbeiter von insgesamt 46.000 im Ausstand, darunter in Bremerhaven und Geestemünde 1.492.

    Die Werftindustriellen hatten die Stärke der organisierten Arbeiterschaft zum ersten Mal erheblich unterschätzt.
    Die von den Arbeitern erhobenen Forderungen hatten für diese tatsächlich grundsätzliche Bedeutung. Es ging, wie bereits beschrieben, erstens um die feste Vereinbarung von Einstellungslöhnen, die bisher von den Werftbesitzern willkürlich festgesetzt wurden, zweitens um die Schaffung von verbindlichen Regeln für die Akkordarbeit, drittens um die Einführung einer erträglichen Normalarbeitszeit, viertens sollte die Leistung von Überstunden vertraglich geordnet werden. Es hatte die Gewerkschaften vor noch nicht langer Zeit Mühe gekostet, wenigstens die Pflicht der Werftarbeiter zur Leistung ununterbrochener 36stündiger Arbeit auf 24 Stunden zu mindern. Nun verlangten sie als Höchstmaß 18 Stunden.
    Es kam schließlich am 8. Oktober 1910 zu einem Kompromiss, der Verkürzung der Arbeitszeit für die Hamburger Werften auf 55 und für die Arbeiter der anderen Werften auf 56 Stunden vorsah. Außerdem wurde eine Lohnerhöhung von 2 Pfennig auf die Mindest-Einstelllöhne für alle Gewerbe und die Einsetzung von Arbeiterausschüssen auf allen Werften vereinbart.
  • Auf dem Gelände der in Konkurs gegangenen Delphinwerft nimmt die "Schiffbaugesellschaft Unterweser GmbH" den Betrieb industrieller Schiffbaufertigung vor allem von Fischdampfern auf.
  • Die Seebeck-Werft nimmt im Frühjahr die neue Werftanlage im ehemaligen Petroleumhafen am Südende des Handelshafens mit zwei Trockendocks und eine kleine Helling in Betrieb. Es werden rund 1.000 Arbeiter beschäftigt.
    Die kleine Helling besitzt eine Länge von 80m. Die Docks weisen folgende Abmessungen auf: Länge 180m, Breite 25m und Tiefe 7,50m. Der Vorteil von Baudocks ist, dass sie nicht nur für Neubauten, sondern auch für Reparaturarbeiten in Frage kommen. Jedes Baudock wurde damals mit zwei elektrischen Laufkränen von je 5t Tragkraft auf einem Gerüst von 21m Höhe und 28m Spannweite ausgerüstet. Für das Versetzen schwerer Teile im Ausrüstungshafen wurde ein Schwimmkran von 100 Tonnen Tragfähigkeit benutzt. Der Ponton für diesen Kran wurde von der Werft selbst gebaut.
    Im Juli 1910 wird das neue Verwaltungsgebäude bezogen und damit der Sitz der Gesellschaft wieder nach Geestemünde verlegt.
  • Am 20. Oktober kommt es auf der Seebeck-Werft zu einem viertägigen Arbeitskampf, weil vier Nieter gemaßregelt wurden. Der Anlass waren Streitigkeiten bei der Berechnung des Akkordlohns. Der Streik endet, als die Unternehmensleitung Verbesserungen zusichert und die Maßregelung zurücknimmt.
  • Auf der Tecklenborgwerft arbeiten rund 1.500 Personen.


1911

  • Wie auch in anderen Orten spielte im gewerkschaftlichen Leben Bremerhavens die Lokalfrage eine große Rolle. Es gab nur wenig Gastwirte, die ihre Räume aus gesinnungsmäßiger Verbundenheit den Gewerkschaften zur Verfügung stellten. Für die übrigen war das eine rein geschäftliche Angelegenheit. Wirte, die ihre Lokale Arbeiterorganisationen zur Benutzung vermieteten, hatten jedoch vielfach unter behördlichen Schikanen zu leiden und wurden außerdem von den anderen Organisationen (vaterländischen und Kriegervereinen) boykottiert.
    Nach jahrelangen Auseinandersetzungen und mehreren Boykottmaßnahmen gegen Wirte, die ihre Räume auf dem Wege gütlicher Vereinbarung nicht zur Verfügung stellen wollten, beschloß das Gewerkschaftskartell, in Verbindung mit dem "Konsum- und Sparverein Unterweser", den Bau eines eigenen Gewerkschaftshauses mit entsprechenden Büro- und Versammlungsräumen. Zur Finanzierung des Baues errichteten beide 1911 eine Baugenossenschaft, deren Anteile der Konsumverein und die beteiligten Gewerkschaften aufbrachten.
  • Mai Demonstrationen am 1. Mai bleiben verboten, aber es finden "Mai-Spaziergänge" statt.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 1.000 Beschäftigte.
  • Ab 1. Dezember streiken bei Seebeck 62 von 82 Dockarbeitern, Schlossern und Zimmerern bis zum 16. Dezember. Es ging um drei Pfennige Zulage, Frühstück und die Gestellung eines Waschraums sowie die Wiedereinstellung von sechs Entlassenen. Erreicht wurden die Einrichtung eines Waschraums und die Wiedereinstellung der Entlassenen.
  • Der größte Arbeitgeber in Bremerhaven ist der Norddeutsche Lloyd mit 24.000 Seeleuten, Arbeitern und Angestellten. Davon beträgt die Belegschaft des "Technischen Betriebs" fast 3.000 Personen. Der "Technische Betrieb" besteht inzwischen aus Büros, Magazinen, der Kraft- und Lichtzentrale, der Maschinenfabrik mit Modelltischlerei und Metallgießerei, der mechanischen Werkstatt, der Kessel- und Kupferschmiede, Klempnerei und galvanische Werkstatt, in der auch das Besteck und Geschirr für die Lloydschiffe versilbert wurde. Außerdem gehören eine Zimmerei, Tischlerei, Sattlerei, Segelmacherei und eine Malerwerkstatt mit zehn Farbmühlen zur Herstellung der Farben, die Feuerlöschabteilung und die Versuchsanstalt zum Werftbetrieb. 1911 werden im Kaiserdock 107 Schiffe mit rund 950.000 BRT und im alten Doppeldock 57 Schiffe mit rund 80.000 BRT gedockt.


1912

  • Das von der Baugenossenschaft errichtete Gewerkschaftshaus "Eintracht", Am Deich 55 (heutige Deichstraße), in Bremerhaven wird eröffnet. Die Büroräume reichten jedoch bei weitem nicht zur Unterbringung aller Gewerkschaften aus. Die größten, der Metallarbeiter-Verband, der Transportarbeiter-Verband- und eine Reihe kleinerer Verbände, blieben draußen. Das "Haus Eintracht" entwickelte sich in den folgenden Jahren und vor allem nach dem Ersten Weltkriege zum Zentrum des gewerkschaftlichen, sportlichen und kulturellen Lebens der Arbeiterschaft in den Unterweserorten. Endlich waren die Arbeitersportler und die Arbeitersänger nicht mehr auf Räume in Gastwirtschaften angewiesen. Eine große Zahl von Bildungsveranstaltungen, die Arbeiterbibliothek, das Arbeitersekretariat und die Arbeiterjugend fanden hier ihr Zuhause.
  • Streik im technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyds am 22. März. Von 156 Beschäftigten treten 132 in den Ausstand. Sie haben nach vier Tagen Erfolg.
  • Nachdem in den vergangenen Jahren die Mai-Feiern der Gewerkschaften meist verboten waren, genehmigt die Polizei zum ersten mal einen Mai-Umzug in allen drei Unterweserorten (Bremerhaven, Lehe und Geestemünde). So auch in den folgenden beiden Jahren - die Gewerkschaften und die SPD hatten sich in diesem Punkt offenbar durchgesetzt.
  • Wegen Fernbleibens von der Arbeit, anläßlich der Feier am 1. Mai, sperren die Werften von Seebeck und Rickmers, des Norddeutschen Lloyds, die Unterweser-Werft und Tecklenborg-Werft, außerdem die Baufirmen Rogge und Hinsch mehr als 5000 Arbeiter für vier Tage bis zum 4. Mai aus (davon auf der Seebeckwerft 800 Arbeiter).
  • Beginn eines Streiks auf der Tecklenborg-Werft am 31. Mai. 39 Dreher und Nieter, davon 35 Organisierte, treten drei Tage lang erfolgreich in einen Ausstand, um eine Lohnerhöhung durchzusetzen. 53 Wärmer und Bohrer (davon 45 Organisierte) setzen sich schon nach einem Tag durch, wohingegen die 204 Maler, von denen 189 Mitglieder ihrer Gewerkschaft sind, bis zum 21. Juni 1912 22 Tage lang kämpfen müssen, um zum Ziel zu kommen.
  • Streik von 28 von 35 Schlossern, Drehern, Maschinenbauern und Nietern in Seebecks Dock vom 26. Juni bis zum 20. Juli. Sie verlangen eine höhere Bezahlung (6 Pfennig), wenn sie ihre Arbeiten auf See zu Ende führen müssen (Bordzulage), und die Neufestsetzung des Akkordlohnes. Der Ausstand dauert 28 Tage und endet mit einem Teilerfolg.
  • Die 389 Kesselschmiede, Kesselmaurer, Kesselreiniger und Schiffbauer auf der Werft des Norddeutschen Lloyds treten geschlossen vom 11. Dezember bis zum 13. Januar 1913 (33 Tage) in den Streik und erkämpfen sich so eine Zulage von zwei Pfennigen in der Stunde.
  • Auf der Tecklenborg-Werft streiken 173 Maschinenbauer, von denen 110 organisiert sind, zwei Tage lang erfolgreich um eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen abzuwehren.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 1.100 Beschäftigte.


1913

  • Der Norddeutsche Lloyd nimmt die neue 267m lange Dockanlage (Kaiserdock II), das größte Trockendock der Welt neben dem Kaiserdock I, in Betrieb.
  • In diesem Jahr beginnt der schrittweise Umzug der Technischen Betriebe des Norddeutschen Lloyd vom ursprünglichen Betriebsgelände beim 1. Trockendock, das immer noch gut ausgelastet ist, in den Kaiserhafen auf das Gelände der Kaiserdocks.
  • Beim Norddeutschen Lloyd streiken 142 von 180 Schiffbauern. Sie wollen die Entlassung eines Kollegen verhindern und setzen sich nach 2 Tagen durch.
  • Im Jahr 1913 betragen die Löhne und Verdienste (Lohn und Akkord) auf der Seebeckwerft für einen Schiffbauer mit Akkord 53 Pfennige und für einen Nieter mit Akkord 55 Pfennige.
    Die Seebeckwerft beschäftigt zwischen 1.100 und 1.400 Arbeiter und Angestellte und verfügt über ein Aktienkapital von 3,5 Millionen Mark.
  • Ab dem 24. April streiken 150 Nieter der Rickmerswerft fünf Tage lang und erkämpfen sich so eine Zulage zum Lohn von 5,5%.
  • Die Löhne und Verdienste (Lohn und Akkord) auf der Seebeckwerft betragen für einen Schiffbauer mit Akkord 53 Pfennige und für einen Nieter mit Akkord 55 Pfennige.
  • Streik auf allen deutschen Werften ab dem 26. Juli. In den Unterweser-Orten, ausgenommen Norddeutscher Lloyd, streiken 2.750 Arbeiter in Bremerhaven und Geestemünde, an der Küste insgesamt 25.000.
    Otto Höver, der frühere Stadtbibliothekar in Bremerhaven, schrieb, daß im Juli 1913 für 12 Wochen ein allgemeiner Streik der Werftarbeiter ausbrach. "... in einer Zeit, wo durch reichliche Aufträge eine gute Beschäftigung für längere Frist gewährleistet war. Wie in so vielen anderen Fällen jener Tage hat die mißgeleitete Arbeiterschaft diese Gelegenheit benutzt, um höhere Lohnforderungen durchzudrücken."
  • Ab dem 8. August wilder Streik bei der Tecklenborg-Werft. 727 von 2.300 Arbeitern (davon nur 467 Organisierte) fordern mehr Lohn und haben damit nach 9 Tagen Erfolg.
  • Streik der Nieter und Bohrer ab dem 18. Oktober auf der Tecklenborg-Werft weil die Akkord-Zulage verweigert wird. Der Ausstand, an dem sich 250 der 2.300 Werftarbeiter beteiligten, wird nach 12 Tagen am 31.10.13 von der Gewerkschaft abgebrochen, nachdem die Werksleitung 1.500 Männer ausgesperrt hat.
  • In Geestemünde sind 16 Reedereien und 59 Firmen des Fischgroßhandels ansässig. Außerdem sind 97 Fischdampfer hier beheimat; insgesamt laufen 174 Fischdampfer regelmäßig den Fischereihafen an.
  • Die Seebeckwerft beginnt in diesem Jahr mit dem Tankerbau. Für die Deutsch-Amerikanische Petroleumgesellschaft stellt sie die beiden Tanker Meppen und Ems her.


1914

  • Auf einer Versammlung des sozialdemokratischen Ortsvereins Lehe, dem 2755 Mitglieder angehören, berichtet der Bürgermeister Otto Oellrich am 20. Mai von arbeiterfeindlichen Polizei- und Justizpraktiken, Behelligung von harmlosen Ausflügen, Verbot der Mai-Umzüge, Beanstandungen und Anzeigen wegen Kranzschleifen bei Beerdigungen, Beschlagnahmungen von Plakaten und dem undemokratischen Wahlgesetz.
  • Vom 26. Juli bis 9. September fand ein Streik der Metallarbeiter für höhere Löhne auf der Seebeckwerft statt.
  • Am 27. Juli treten die Grobschmiede des Norddeutschen Lloyds in den Streik, weil sie mit Unorganisierten nicht zusammenarbeiten wollen. Der Ausstand, an dem sich von 94 Arbeitern 64 beteiligen, wird nach 5 Tagen wegen des Kriegsausbruchs ergebnislos abgebrochen.
  • Auf der Tecklenborg-Werft werden rund 4300 Mitarbeiter beschäftigt. Das Werftgelände umfasst 21 Hektar und 1500 Meter Uferfront.
  • Der Ausbruch des 1. Weltkrieges wirkt sich äußerst schlecht auf die Beschäftigungslage in der Hochseefischerei, dem Fischhandel und der Fischindustrie aus. Die Rickmerswerft muss ihren Betrieb im September 1914 einstellen. Tecklenborg und Seebeck verfügten bei Kriegsbeginn noch über eine relativ gute Beschäftigungslage.
    Auch für den Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd beginnt eine ernste Zeit. Die Belegschaft ist inzwischen auf 2800 Personen angewachsen. Durch Anpassung an die gänzlich veränderten Verhältnisse gelingt es, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Umbau von Handelsschiffen zu Kriegshilfsschiffen, die Einrichtung von Lazarettzügen und die Reparatur von U-Booten und Kriegsschiffen sind nun die Hauptaufgaben des Unternehmens. Zu Beginn des Krieges werden ca. 600 Beschäftigte zum Kriegsdienst eingezogen. Da im Laufe der Kriegsjahre die Reparaturen an den Kriegsschiffen ständig zunimmt, werden aber bald ehemalige Werftarbeiter aus dem Feld zurück geholt, um den Anforderungen der Kriegsmarine zu genügen.
  • Die Seebeckwerft nimmt im Ersten Weltkrieg erstmals seit ihrem Bestehen den Kriegsschiffbau auf. Sie bekam neben anderen den Zuschlag für den Bau von Minensuchbooten, den das Reichsmarineministerium zu Kriegsanfang ausgeschrieben hatte. Insgesamt lieferte die Werft zwischen 1914 und 1918 27 Minensuchboote und vier Fluß-Minenräumer an die Marine ab. Der Handelsschiffbau stagnierte während des Ersten Weltkrieges fast ganz. Dagegen konnte der Bau von Fischdampfern erfolgreich fortgeführt werden. Dabei betrat die Seebeckwerft Neuland hinsichtlich der Größe der Schiffe.


1915

  • Ab dem 3. Mai streiken Arbeiter der Tecklenborg-Werft 3 Tage lang wegen der schlechten Lebensmittelversorgung. Der Arbeitskampf, an dem sich Nieter, Stemmer, Dreher und Kesselschmiede beteiligen, dauert 3 Tage und endet am 5. April damit, dass eine Lohnerhöhung um 5 Pfennige gewährt wird.
  • Die Fertigungsstätten der Seebeckwerft auf dem alten Gelände von Ulrichs an der Deichstraße werden stillgelegt und später verkauft.


1916

  • Lebensmittelunruhen in den Unterweserorten. Die Bevölkerung in Bremerhaven und Lehe greift zur Selbsthilfe und dringt in Lebensmittelläden ein. Am 07. Dezember verhängt der Festungskommandant der Unterweserstädte den Ausnahmezustand, der am 11.12. teilweise wieder aufgehoben wird.
  • Auf der Seebeckwerft wird ein Gebäude für autogenes Schweißen errichtet. Auf der Werft arbeiten ca. 1.100 Beschäftigte.


1917

  • Auch an der Unterweser bildet sich ein Ortsverein der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD), die die parlamentarische Demokratie ablehnt und für die Räteverfassung eintritt.
  • Die Arbeiter der Tecklenborg-Werft legen am 3. April die Arbeit nieder und demonstrieren für eine Verbesserung der Lebensmittelversorgung. Diese war im ganzen Reich zusammengebrochen und es kam dadurch zu einer schlimmen Hungersnot, die als "Steckrübenwinter" (1916/17) in bedrückender Erinnerung bleibt.
  • Arbeiter aller Sparten des Norddeutschen Lloyds demonstrieren in Bremerhaven gegen die schlechte Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln. Es beteiligen sich 293 von 882 Beschäftigten.
  • Auf der Seebeckwerft wird die elektrische Zentrale und das Kesselhaus erweitert.


1918

  • Aus dem Krieg zurückkehrende Soldaten vergrößerten die herrschende Wohnungsnot. Familien mußten zusammenrücken, um Obdachlose aufzunehmen. Aus städtischem Besitz stellte man Notwohnungen und Behelfsbauten zur Verfügung. 800 Menschen suchten auf einer Versammlung in Tichmanns Tonhallen nach Auswegen aus der großen Wohnungsnot und führten heiße Diskussionen. Das solidarische Zusammenrücken in der Not führt zur Gründung eines Bauvereins.
  • Am 6. November 1918 teilte der Bremerhavener Festungskommandant, Vizeadmiral Schröder, den Arbeiterführern Arnemann, Geiger Hoffmann, Schlüter und Stampe mit, daß die Marinemannschaften den Gehorsam verweigerten und einen Umzug durch die Unterweserorte planten. Er wollten wissen, wie sich die Arbeiterschaft zu dieser Demonstration verhalten würde.
    Die Arbeiterführer erklärten, daß sie sich der Revolution anschließen, aber Blutvergießen vermeiden wollten. Auf der "Bürger" setzten sich die Arbeiterführer an die "Spitze" des Matrosenumzuges. Auf dem Marktplatz hielt August Stampe eine Ansprache, in er die Matrosen aufrief, nur bei Widerstand die Waffen zu gebrauchen. Fritz Thienst berichtete von den Ereignissen in Kiel und den Forderungen der Matrosen, denen sich die Bremerhavener Mariner sofort anschlossen.

    Am 7. November wurden ein Soldatenrat und ein Arbeiterrat gewählt. Man einigte sich auf ein vorläufiges Programm:
    1. Unterstützung aller Bestrebungen für den Abschluß eines Waffenstillstandes und eines Friedens
    2. Beschleunigte Demokratisierung in Reich, Staat und Gemeinden
    3. Einfluß des Arbeiter- und Soldatenrates auf die Lebensmittelversorgung
    4. Verkürzung der Arbeitszeit

    Die Umwälzung verlief an der Unterweser ohne jedes Blutvergießen. Am 10. November bewegte sich ein mächtiger Zug von Arbeitern, Matrosen und Soldaten des Heeres mit Musik und Fahnen durch die Hauptstraßen der Unterweserstädte. Die staatliche Macht lag nun in den Händen der Arbeiter und Soldaten.
    Der Vorsitzende des Bremerhavener Arbeiter- und Soldatenrates war August Stampe (1878-1965), der aus Wandsbek stammte und von 1903 bis 1912 in Bremen lebte. 1912 kam er als Sekretär der Bauarbeiter-Gewerkschaft nach Bremerhaven. Er war auch Vorsitzender des Ortsvereins Bremerhaven der SPD. Nach vierjähriger Soldatenzeit im I. Weltkrieg kehrte August Stampe 1918 nach Bremerhaven zurück und war hier entscheidend bei der Bildung des Arbeiter- und Soldatenrates im November 1918 beteiligt. Von 1919 bis Juli 1920 gehörte August Stampe als Senator für das Bauwesen der vorläufigen Regierung der Freien Hansestadt Bremen an.
  • Der Arbeiter- und Soldatenrat gibt am 16. November eine Denkschrift über die Zusammenlegung der Unterweserstädte heraus.
  • Nach einem Beschluss des Stadtrats (Magistrats) am 18. November wird zum 1.12.1918 in städtischen Ämtern der 8-Stunden-Arbeitstag eingeführt.
  • Am 30. November wird auf den Werften bei Seebeck und Tecklenborg gestreikt. Anlass ist die schlechte Lebensmittelversorgung. Beteiligt sind etwa 500 Arbeiter.
  • Beim "Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd" mussten nach Beendigung des Krieges alle ehemaligen Beschäftigten die während des Krieges als Soldaten eingezogen wurden wieder eingestellt werden, denn das Demontagegesetz bestimmte, dass alle betroffenen Mitarbeiter weiter beschäftigt werden mussten. Aufgrund der starken Lohnkürzung im Krieg setzte die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 0,80 auf 2,50 RM durch.


1919

  • An einer Protestdemonstration gegen "kommunistische, spartakistische und anarchistische Experimentierpolitik", zu der der Arbeiterrat, das Gewerkschaftskartell und die Mehrheitssozialdemokraten aufgerufen hatten, nehmen am 13. Januar nahezu 20.000 Menschen teil. Die Hauptrede hält der Gewerkschaftssekretär August Stampe.
  • Nach Beendigung des Krieges verliert der Norddeutsche Lloyd durch Ablieferung fast seine gesamte Flotte. Wiederum muss der Betrieb sich umstellen. Durch Reparatur von Lokomotiven, Eisenbahnwaggons und ausländischen Schiffen wird die Beschäftigung der Belegschaft aufrechterhalten.
  • 83 Angestellte der Werften fordern im Mai eine Erhöhung der Gehälter und eine Verkürzung der Arbeitszeit und treten deshalb in den Streik. Sie erzielen nach 2 Tagen einen Erfolg.
  • Die Städte Bremerhaven, Geestemünde und Lehe und die Landkreise Lehe und Geestemünde gründen ein gemeinsames Arbeitsgericht mit Sitz in Lehe, die Berufungsinstanz ist in Bremen.
  • Nach dem Abbruch der Radrennbahn im Speckenbütteler Park wird an gleicher Stelle der Platz des Arbeiter-Turn- und Sportbundes angelegt.
  • Auf der Werft von Georg Seebeck arbeiten ca. 1.500 Beschäftigte.
  • Die Siedlung Geestemünde-Süd entsteht nach dem Ersten Weltkrieg für die Arbeiter aus der Werft- und Fischindustrie. Der überwiegende Teil der Haus- bzw. Wohnungsinhaber war auf den Werften beschäftigt. Um den Bau der Siedlungshäuser zu finanzieren, wendet sich Bürgermeister Walter Delius an die Fisch- und Werftindustrie. 46 Firmen geben 781.000 Mark, die zum Kauf des Geländes ausreichen. Werftdirektor Niedermeyer von der Seebeck-Werft und der Direktor der Klippfischwerke, Herr Zitzlaff, sind an der Gründung des "Gemeinnützigen Bauvereins Geestemünde-Süd eGmbH" beteiligt. Gegründet wird der Bauverein von der Stadt, und 46 Firmen beteiligen sich mit Darlehen, wie z.B. die Geestemünder Herings-und Hochseefischerei mit 30.000 Mark, die J.C. Tecklenborg-Werft mit 10.000 Mark, die Erste Deutsche Stock- und Klippfischwerke mit 100.000 Mark, die Kriegsfischindustrie "Weser" mit 100.000 Mark, die Kriegsfischerei "Nordsee" und die G. Seebeck A.G. mit 150.000 Mark. In den Gründungsvorstand werden als Vorsitzender Direktor Niedermeyer von der Seebeck AG, Geschäftsführer Klepzig vom Konsum-Verein und Bürgervorsteher Lührs als Vertreter der Stadt Geestemünde gewählt.
    Der Hausbau wird durch Reichszuschüsse und in viel stärkerem Maße durch Gemeindezuschüsse ermöglicht, so daß ohne Unterbrechung durch Inflation und Materialmangel 239 Einfamilienhäuser gebaut werden konnten.
    In mehreren Bauabschnitten entstehen zwischen 1919 und 1940 463 Häuser mit 757 Wohnungen.
  • Nach Ende des 1. Weltkrieges befinden sich die meisten Arbeiterfamilien in großer Not. Hunger, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit grassieren. Auch wer wieder Arbeit auf der Werft gefunden hat, kann in den Jahren der wirtschaftlichen Stagnation und der Inflation diesen Nachholbedarf nicht befriedigen. Man versucht sich mit Selbsthilfe in Genossenschaften, mit dem Zusammenhalt in Gewerkschaften und in verschiedenen Arbeiterorganisationen, mit der Selbstversorgung im eigenen Garten oder auf der Parzelle, mit Nachbarschaftshilfe u.v.a. zu behaupten und durchzuschlagen. Neue Kleidungsstücke oder neue Schuhe können sich viele Werftarbeiterfamilien nur selten leisten. Jacken, Hosen, Röcke u.a. Kleidungsstücke werden von den Eltern zunächst einmal sehr lange getragen, oft noch einmal gewendet und die schadhaften Stellen mit Flicken überdeckt oder gestopft. Anschließend werden aus den von den Eltern endgültig abgelegten Stücken häufig noch "neue" Kleider für die Kinder gefertigt. Die dabei anfallenden Arbeiten werden in der Regel in Eigenarbeit oder durch Nachbarschaftshilfe bewerkstelligt.
  • Nach dem ersten Weltkrieg waren viele Menschen auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Der Parteirat der SPD beschloss daher die Bildung eines Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt. Dieser wurde dann am 13. Dezember 1919 ins Leben gerufen – die Geburtsstunde der Arbeiterwohlfahrt. Die AWO wurde als karitativer Arm der Arbeiterbewegung gegründet und sah ihre Aufgaben in direkter praktischer Hilfe zur Verhütung, Linderung und Aufhebung sozialer Notstände sowie im Kampf um eine gerechte Sozialpolitik. Die Grundwerte der AWO waren Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Toleranz und Solidarität.

    Schon wenige Monate nach der Gründung entstanden im gesamten Reichsgebiet Ortsausschüsse der Arbeiterwohlfahrt, so auch in Bremerhaven/Wesermünde. Die ersten und notwendigen Aufgaben der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in Bremerhaven war es, den von Not, Krankheit und Elend betroffenen Mitbürgern durch Verteilung von Kleidung und Lebensmitteln in Zusammenarbeit mit dem damaligen Reichswohlfahrtsverband zu helfen. Dafür wurde zum Beispiel eine Nähstube mit Kleiderausgabe eingerichtet. Sie gab den Helfern und auch den Hilfesuchenden die Möglichkeit der Begegnung und des Gesprächs.

    Im Faschismus wurde die Organisation jedoch verboten, ihre Mitglieder wurden verfolgt, eingesperrt und gequält. Doch nach 1945 gab es einen Neubeginn, und es dauerte etwa ein Jahr, bis am 15. Juni 1946 auch in Bremerhaven auf einer Gründungsversammlung in der Pestalozzischule die Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven unter den gleichen Zielsetzungen wie 1919/ 1920 wieder ins Leben gerufen wurde, wobei 35 Mitglieder aus der Zeit vor 1933 erscheinen konnten.