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Historie der Arbeitergeschichte und der Arbeit in der Region
Geschichte der Arbeiter­be­wegung in Bremerhaven

1938 – 1945

1938

  • Wesermünde zählt 81.921 Einwohner.
  • Die Bremer Firma "H. Bischoff & Co.", die 1855 als Baumwollbetrieb gegründet wurde und die sich später zu einer Frachtreederei entwickelte, errichtet am 10.06.1938 eine Zweigniederlassung zur Hochseefischerei mit etwa 180 Beschäftigten in Wesermünde. Es werden zwölf Trawler eingesetzt.
  • Im Wesermünder Fischereihafen, dem bedeutendsten des europäischen Kontinents, sind 21 Reedereien mit 193 Fischdampfern, 194 Fischgroßhandlungen und 56 Betriebe der Fischindustrie beheimatet. Es werden in diesem Jahr 280.000 t Fisch verarbeitet und versandt.
  • Der Nordhafen wird fertiggestellt.
  • Das neuerbaute Marinelazarett zwischen Langener Land- und Wurster Straße wird von der Kriegsmarine in Benutzung genommen (nach dem Krieg: US-Hospital, heute Wirtschaftszentrum Nordsee).
  • Am 9. Nov. "Kristallnacht" in Wesermünde und Bremerhaven. Durch SA- und NSDAP-Angehörige werden jüdische Geschäfte zerstört und geplündert. Die Synagoge in der Schulstraße in Geestemünde wird durch Brandlegung vernichtet. Jüdische Bürger in Bremerhaven und Wesermünde werden verfolgt und misshandelt. Der jüdische Friedhof an der Kreuzburger Straße in Lehe wird geschändet, die Friedhofskapelle zerstört.

 

1939

  • Wesermünde zählt 86.041 Einwohner.
  • Die Schleuse zum neuen Hafen wird zugeschüttet.
  • Bau des sogenannten U-Boot-Hafens in Verlängerung des Kaiserhafen II. (zugeschüttet, heute Pkw-Abstellfläche).
  • Zwischen 1939 und 1945 werden auf den Werften der Unterweserorte viele Fischdampfer zu Vorpostenbooten, U-Boot-Jägern und Hilfsminensuchbooten umgebaut.
  • Von 1939 bis zum Beginn des Jahres 1944 wurden von der Seebeckwerft 14 U-Boote fertiggestellt und abgeliefert.
  • Nach dem Ausbruch des Krieges nahm der Anteil der zu dockenden und zu reparierenden Handelsschiffe beim Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd ab. Der Hauptteil der Schiffe, die in den kommenden Jahren zum Docken kamen, gehörten zur Kriegsmarine oder wurden, wie z.B. viele Fischdampfer, für den Einsatz in der Kriegsmarine umgebaut.
  • Im August läuft der Walfänger "Rau IX" auf der Seebeckwerft vom Stapel. Schon vor der Indienststellung überfiel Nazideutschland Polen. Der Walfangdampfer wurde für die Kriegsmarine zwangsgechartert und zum U-Boot-Jäger umgebaut. Er gehörte zur 12. U-Jagdflottille und später zur 65. Vorpostenflottille. Nach dem Krieg diente er in der 4. Minenräumdivision der GMSA. 1948 lief sie unter norwegischer Flagge als Walfangboot "Krutt"; 1949 unter britischer, ab September 1953 unter norwegischer, ab 1955 unter isländischer und 1968 unter Faröer-Flagge. Das Schiff kam 1969, 30 Jahre nach dem Stapellauf, als Museumsschiff nach Bremerhaven zurück. Er liegt heute im Alten Hafen im Außengelände des Deutschen Schiffahrtsmuseums und kann dort besichtigt werden.
  • Seebeck lässt über den Bauverein Werkswohnungen Am Oberhamm, früher Kieler Straße jetzt Rostocker Straße, bauen, die 1941 bezogen werden. Wer dort wohnen wollte, musste 300 Reichsmark anzahlen, die voerst von Seebeck ausgelegt und dann später vom Lohn abgezogen wurden.
  • Bremerhaven und Wesermünde werden am 01. November zur Großstadt Wesermünde vereinigt.

 

1940

  • Englische Flugzeuge werfen die ersten Bomben auf Wesermünde.
  • Wesermünde zählt 113.505 Einwohner.

 

1941

  • Beim Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd wird die Betriebsverlegung vom Alten Hafen durch den Neubau der Maschinenwerkstatt im Kaiserhafen abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Werft rund 1.320 Beschäftigte. Die Trockendocks der Werft werden überwiegend von Marineschiffen in Anspruch genommen.
  • Rund 350 Arbeiter des Technischen Betriebs des Norddeutschen Lloyd, vorwiegend ehemalige Seeleute, mussten gemäß Führererlass an die Kriegsmarine Hamburg abgegeben werden.
  • Englische Angriffe fordern am 07.April die ersten Opfer in Wesermünde. 11 Tote und 30 Verletzte. Es werden etwa 100 Häuser beschädigt.
  • Wesermünde zählt 113.024 Einwohner.

 

1942

  • Die Beschäftigung beim Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd nimmt zu und da Werftarbeiter zunehmend für Einsätze in ausländischen Stützpunkten der Kriegsmarine angefordert wurden, nahm die Zahl der Beschäftigten auf der bremerhavener Werft ab. Nur durch Überstunden konnten die Arbeiten geschafft werden. Mit den von der Werft ausgeführten Grundreparaturen an den neuen Zerstörern mit den komplizierten Hochdruck-Dampfanlagen war das Oberkommando der Marine sehr zufrieden. Die vom NDL an die Kriegsmarine abgegebene Berlin dockte einmal im Jahr (zuletzt 1944), seit 1941 fuhr sie als Lazarettschiff. 1942 lagen viele Zerstörer, Sperrbrecher und Marinetanker in der Werft, Ende 1942 lag die Bremen für 14 Tage zum Verschrotten im Kaiserdock II. 1942/43 nahm die Auslastung der Docks weiter zu, immer mehr Marineschiffe kamen zu Reparaturen in die Werft. Allerdings wurden für die Marine vorwiegend Trossschiffe überholt, da die für die großen Kriegsschiffe notwendigen Kräne im KD II fehlten.
  • In dieser Zeit wurden viele Zwangsarbeiter auf den Werften beschäftigt. Zum größten Teil waren es Männer, aber es mussten auch Frauen hier arbeiten. Sie kamen aus Frankreich, Polen und der Sowjetunion und lebten im Lager "Halle XIV" im Fischereihafen zwischen Lunedeich und Wittlingstraße.

    Am 19. Juni gründeten Wesermünder Kaufleute für die Dauer von fünf Jahren das "Männerlager der Wesermünder Wirtschaft". Zweck der Gesellschaft war "die gemeinschaftliche Heranschaffung (An-und Abtransport), Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von Arbeitskräften für die Wirtschaft Wesermündes und Umgebung". Je angeforderten bzw. im Gemeinschaftslager untergebrachten Lagerinsassen wurden von den Gründern 100 Reichsmark eingezahlt. Zusätzlich musste der Betrieb dann die laufenden Kosten für die Unterbringung und Verpflegung aufbringen (pro Tag und Arbeiter waren das 0,50 RM für die Unterkunft und 1 RM für die Verpflegung). Die Stadt Wesermünde gehörte mit zu den Gesellschaftern. Für das Lager "Halle XIV" weisen die Lagerlisten für 1944/45 654 "Ostarbeiter", 117 Franzosen und 45 Polen aus. Konzipiert war das Lager für 1.200 Menschen. Es wurde auch als "Männerlager" oder "Russenlager" bezeichnet.

    Ein ehemaliger französischer Zwangsarbeiter berichtete über die Zustände im Lager:
    "Nach unserer Ankunft wurden wir auf die Lager "Halle XIV" und "Baggerloch" verteilt. Die Lager waren mit Stacheldraht umzäunt und von Marinern bewacht, die uns auch zur Arbeit begleiteten. In "Halle XIV" waren außer uns noch deportierte Russen, einige Italiener und Zigeuner, die gegen Ende kamen... Halle XIV unterstand drei SS-Führern, sie wurden unterstützt von Marinern und Russen. Die Russen überwachten das Lager innen, sie waren besser bekleidet und sicherlich besser ernährt, denn sie schienen in guter Verfassung zu sein und setzten leicht ihre Knüppel ein. Deutsche Wachen machten die Runde mit Schäferhunden, mehrere von uns wurden gebissen, einen haben die Hunde in Stücke gerissen und getötet…
    Wir fühlten uns sehr elend, täglich erhielten wir nur eine Mahlzeit, abends, wenn wir von der Arbeit kamen, sie bestand aus einer schlechten Rübensuppe. Einmal in der Woche bekamen wir ein Stück Brot von 500 bis 600 g mit etwas Wurst, das wir sofort aufaßen. In der übrigen Zeit mußten wir uns mit der Suppe begnügen, die uns oft aus beliebigen Gründen von den Wachen vorenthalten wurde.
    Was die Arbeit angeht, so haben wir immer sehr schlechte Arbeit in den Betrieben machen müssen und auf den Werften, wo wir oft im Wasser stehend bis zum letzten schufteten... Wir haben auch viel unter der Kälte gelitten, weil wir während unserer ganzen Haft nur die Kleidung hatten, die wir im Augenblick unserer Gefangennahme trugen. Wir haben niemals Ersatzkleidung bekommen, wir hatten nichts zum Wechseln, um unsere Wäsche zu waschen und wir waren völlig verlaust…
    Eine (medizinische) Behandlung gab es nicht, ein Militärarzt kam der Form halber wöchentlich ins Lager. Sichtbare Wunden ließ er von einer Schwester verbinden; im übrigen konnten wir so krank sein, daß wir uns nicht mehr aufrecht halten konnten, er sagte immer nur: "Ihr könnt arbeiten"…

    Unter den vielen Zwangsarbeitern, die bei Seebeck arbeiten mußten, war auch der französische Widerstandskämpfer Jean Permingeat, der am 15. August 1944 zusammen mit 400 anderen Deportierten im Baggerloch-Lager eintraf. Er sagte: "Tagsüber mußte ich auf der Seebeckwerft arbeiten und mit Eimer und Besen den Dreck wegmachen."

    Fritz Köln arbeitete von 1935 bis 1944 bei Seebeck in der Tischlerei. Er war 1886 in Geestendorf geboren, mit 18 Jahren trat er in die Gewerkschaft und die SPD ein. Aus seinem Garten an der Wurster Straße brachte er sich Obst mit zur Arbeit, schälte es und warf die Schalen in die Hobelspäne. Als er sah, daß die französischen Zwangsarbeiter sich später den Obstabfall aus den Spänen suchten und aßen, brachte er in Zukunft mehr Obst mit und legte es unter den Spanhaufen. Am 16. Oktober 1944 wurde er verhaftet und kam in ein Arbeitslager.

    Herbert Feldmann, ein Sozialdemokrat, erinnert sich, daß die Russen halb verhungert ihre schwere Arbeit verrichten mußten. Er nahm zwei von ihnen mit nach Hause in die Heinrichstraße 24 und lud sie zu Kaninchenbraten ein. Sie aßen kaum. "Wir krank werden, wenn jetzt essen", sagten sie. Sie überlebten die Lagerzeit.

    Nach einer Liste von Borsen und Volland "Dokumentierte Arbeitskommandos des Stalag XB" waren in Wesermünde in der Industrie am 17.4.1943 185 französische Kriegsgefangene und am 21.4.1944 18 französische und 282 Kriegsgefangene sonstiger Nationalität eingesetzt. Auf dem Friedhof Lehe III kann man noch heute die Gräber, der in der Nazizeit umgekommenen und umgebrachten Zwangsarbeiter besuchen. Auf diesem Friedhof liegen 85 Zwangsarbeiter begraben. Die meisten kamen aus der Sowjetunion und Polen. Unter ihnen sind auch acht Säuglinge, deren Mütter Frauen aus der Sowjetunion waren.
  • Mit 4.512 Arbeitenden erreichte die Beschäftigtenzahl der Seebeckwerft in diesem Jahr den Höhepunkt.
  • Wesermünde zählt 114.412 Einwohner.

 

1943

  • Kriegsgefangene Franzosen, Zivilfranzosen, Flamen sowei Ostarbeiter werden als Fremdarbeiter unter Auflagen beim Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd beschäftigt, da der Polizeipräsident bis dahin Angst vor Sabotage hatte. Insgesamt waren es 250-300 Mann, die, bis auf die Ostarbeiter, in der alten Lloydkantine schliefen und von einem ehemaligen Lloyd-Steward beaufsichtigt wurden. Beim Gang in das Stadtgebiet durch den Hafen für Behörden- und Arztgänge mussten sie von einer Vertrauensperson begleitet werden. Die Ostarbeiter hatten ihr Nachtquartier im Fischereihafen und wurden täglich mit LKWs transportiert. Später wurde außerdem vor der Werft ein Gefangenenlager für 120 deutsche Strafgefangene eingerichtet.
  • Auf der Seebeckwerft sind ca. 4.500 Menschen beschäftigt.
    Auf der Werft, die derzeit hauptsächlich für den U-Boot-Bau arbeitet, sollen 80% der Arbeiter gegen die Nazis eingestellt gewesen sein. In der polizeilichen Vernehmung des 1939 verurteilten Karl Kühne heißt es: "Es ist mir bekannt, daß auf der Seebeckwerft hier und da Differenzen aufgetreten sind und durchweg eine staatsfeindliche Atmosphäre herrschte."
  • Wesermünde zählt 110.938 Einwohner.

 

1944

  • 3. Februar: Luftangriff auf den südlichen Stadtteil - Lindenallee - Fischereihafen.
    Alliierten Luftstreitkräfte werfen Flüssigkeitsbrandbomben auf das südliche Stadtgebiet und auf die Seebeckwerft. Es gibt 32 Tote und 77 Verletzte. Auf der Seebeckwerft werden die Modelltischlerei und die Metallputzerei teilweise schwer getroffen. Tote und verletzte Werftangehörige gibt es nicht. Es gibt keine Beeinträchtigung des Werftbetriebes.
  • 15. Juni: Luftangriff auf Geestemünde.
  • 18. Juni: Schwerer Luftangriff auf Mitte und Lehe.
  • 24. Juni: Luftangriff auf den Fischereihafen und die Seebeckwerft.
    Gegen 13.30 Uhr fallen 358 Spreng- und 150 Flüssigkeitsbomben auf den Fischereihafen und auf das Gelände der Seebeckwerft. Hierbei finden 84 Menschen, darunter 32 Zwangsarbeiter, den Tod. Auf der Seebeckwerft werden die Schiffszimmerei, die Trockenkammer, die Hammerschmiede und das Bürogebäude völlig zerstört. Weitere Schäden entstanden an der Zimmerei, der Taklerei, der Schiffbauhalle, der Schweißerei und der Schlosserei.
  • In der Nacht des 18. Septembers um 22.00 Uhr flogen über 200 britische Bomber einen schweren Luftangriff auf Wesermünde, der sich zu einer ungeheuren Brandkatastrophe entwickelte. 56,5% der städtischen Bebauung wurde zerstört, die Stadtmitte wurde zu 97%, der Stadtteil Geestemünde zu 75% und der Stadtteil Lehe zu 12% vernichtet. 618 Menschen wurden getötet, 1193 verletzt. 30000 Einwohner waren obdachlos.
  • Schwere Bombenschäden machen den späteren Wiederaufbau des ehemaligen Gewerkschaftshauses "Eintracht" unmöglich.
  • Aufgrund der zunehmenden Luftangriffe wurde ein Luftschutzbunker für 500 Personen mit allen vorgeschriebenen Einrichtungen auf dem Werftgelände des Technischen Betriebs des Norddeutschen Lloyds gebaut, im Keller des Frigus-Kühlhauses befand sich ein weiterer Luftschutzbunker. Der große Fliegerangriff vom 18. September richtete auf dem Kaiserdockgelände nur einen geringen Schaden an. Da keine weiteren großen Luftangriffe auf die Werft stattfanden, war der Betrieb bei Kriegsende weitgehend unversehrt.
  • Im November sind auf der Seebeckwerft 3.816 Deutsche und 851 Zwangsarbeiter beschäftigt.
  • Wesermünde zählt 112.100 Einwohner.


1945

  • Am 24.05.1945 setzen die Amerikaner Dr. Helmuth Koch, den früheren Bremerhavener Amtshauptmann beim Bremischen Amt in Bremerhaven, zum Oberbürgermeister und den Sozialdemokraten Gerhard van Heukelum zum Bürgermeister ein.
  • Per Ermächtigung der US-Militärregierung treten in Bremen die Gesetze zur Arbeiter- und Angestelltenkammer von vor 1933 wieder in Kraft. Im Juli kommt es zur Neugründung der Kammern. Treibende Kräfte sind Wilhelm Kaisen, Mitglied der Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus (KGF) und Senator für das Wohlfahrtswesen sowie Oskar Schulze, ehemaliges Vorstandsmitglied der Arbeiterkammer.
    Überlegungen zur Zusammenlegung der Kammern haben allerdings keinen Erfolg. Dies liegt weiterhin an den Unterschieden zwischen der eher konservativen Angestelltenschaft und den vorwiegend progressiven Kräften der Arbeiterschaft.
  • In der amerikanischen Enklave Bremen (Stadt Bremen, Vegesack und Wesermünde) existieren im Juni 1945 19 Werften, davon in Wesermünde: Deschimag (Seebeck), Norddeutscher Lloyd, E. Schichau AG, Schiffbau-Gesellschaft Unterweser, Rickmers-Werft und Max Sieghold.
    Auf diesen Werften sind im Juni noch 3.100 Menschen beschäftigt während sich die Zahl bis Oktober auf 4.500 erhöht.
  • Am 08.07.1945 baten Vertreter von Metall-, Hafen- und Bauarbeitern gemeinsam mit Vertretern von Arbeitgebern die Militärregierung, in Wesermünde Freie Gewerkschaften und einen einheitlichen Arbeitgeberverband zuzulassen. Die Militärregierung genehmigte einen sogenannten "Zwanziger-Ausschuss" zum Aufbau einer Einheitsgewerkschaft. Dabei gab es jedoch Probleme, die vor allem auf Differenzen zwischen KPD und SPD Leuten beruhten.
    Hinzu kamen weitere Unstimmigkeiten und zwar zwischen den Betriebsräten und den Vertrauensleuten in den Großbetrieben, also vor allem die der Werften und den sozialdemokratischen Gewerkschaftsfunktionären, die den zu dieser Zeit sehr starken Betriebsräten zunächst eine paritätische Beteiligung am Ausschuss verweigerten.
    In den ersten Jahren nach 1945 besaßen Betriebräte eine starke Stellung, da die Unternehmen in vielen Großbetrieben die Aufnahme der Aufräumungsarbeiten und der Produktion der Initiative der Betriebsräte verdankten. In überbetrieblichen Zusammenkünften, an denen in Bremerhaven 400-600 Betriebsräte teilnahmen, versuchten sie Einfluss auf die künftige gewerkschaftliche Politik zu nehmen.
  • Nach dem zweiten Weltkrieg hatte die britische Militärregierung am 15. September 1945 mit ihrer "Verordnung Nr. 10 - Politische Versammlungen" die Abhaltung politischer Versammlungen in ihrem Kontrollgebiet gestattet. Die "Bekanntmachung der Militärregierung vom 6. Oktober 1945" erlaubte dann die Gründung demokratischer politischer Parteien in der Stadt und im Landkreis Wesermünde.
    Drei Tage nachdem die Militärregierung die Abhaltung politischer Versammlungen erlaubt hatte, trafen sich 40 Mitglieder der SPD am 19. September 1945, um, wie Gerhard van Heukelum sagte, "die Sozialdemokratische Partei hier neu entstehen zu lassen". Die offizielle Gründungs- und Eröffnungsversammlung der SPD fand darauf am 22. Oktober statt. Hier konnte van Heukelum den versammelten 50 Genossen - mehr waren nicht erlaubt - den Entwurf eines Parteiprogramms und einer Satzung vorlegen.
  • Die KPD hatte sich - überregional - als erste Partei nach Kriegsende am 11. Juni 1945 mit einem politischen Programm an die deutsche Öffentlichkeit gewandt. Sie erklärte darin, "dass der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre". Statt dessen käme es darauf an, "die Sache der demokratisierung Deutschlands, die Sache der bürgerlich-demokratischen Umbildung, die 1848 begonnen wurde, zu Ende zu führen".
    In Bremerhaven-Wesermünde waren viele Mitglieder der KPD bereits bald nach Kriegsende und Monate vor der Wiedergründung ihrer Partei in der "Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus" aktiv tätig. Die "Antifa" stand mit der Stadtverwaltung in Verbindung, beschaffte Wohnungen und finanzielle Unterstützung für politisch Verfolgte. Die "Antifa", deren Tätigkeit auch bei einzelnen KP-Mitgliedern nicht unumstritten war, wurde Ende 1945 von der Militärregierung verboten, nachdem die Parteiführer der SPD, CDU und Demokratische Partei (später FDP) sich gegen sie ausgesprochen hatten. Beim Aufbau einer neuen Gewerkschaftsorganisation, der im Sommer 1945 begann, schalteten sich KP-Mitglieder, vor allem Folkert Potrykus, energisch und in heftiger Konkurrenz zu SPD-Leuten ein; in den Betriebsräten der Werften gewann die KPD schnell einen maßgeblichen Einfluss. Am 9. November 1945 genehmigte die Militärregierung die KPD für den Stadtkreis Wesermünde.
  • Trotz der schweren Bombenangriffe am 18. April 1944, wo einige Werkstätten des Norddeutschen Lloyd ausbrannten, blieb der Technische Betrieb auch nach Beendigung des Krieges funktionstüchtig. Da der NDL aber keine Schiffe mehr besaß und die Engländer Bremerhaven besetzt hatten, waren die Aussichten nach dem Krieg für die Werft schlecht. Nach mehreren Wochen lösten jedoch die Amerikaner die Engländer als Besatzungsmacht ab und übernahmen den Hafen und die Stadt. Bremerhaven war von der US Navy als Nachschubhafen vorgesehen, da der Hafen weitgehend unversehrt geblieben und sofort nutzbar war.
    Die ein- und auslaufenden Marine- und Transportschiffe benötigten Reparaturen, Dockzeiten und Ersatz von Verschleißteilen. Durch die gute Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften hatte der Technische Betrieb des Norddeutschen Lloyd mit seinen rund 1.200 Beschäftigten schnell wieder Vollbeschäftigung. Aber auch der Entschluss, alle Typen und Nationalitäten von Schiffen anzunehmen, war ein entscheidender Faktor zum darauffolgenden Aufschwung der Werft.
  • Am 8. Mai zählt Wesermünde 78.000 Einwohner.
  • Im Oktober werden die ersten freien Betriebsrätewahlen durchgeführt.
  • In Bremerhaven gab es im Oktober eine relativ gute Beschäftigung in der Werftindustrie. 4.500 Menschen arbeiteten auf der Deschimag-Werft (Seebeck), der Rickmers-Werft, der Unterweser-Werft und dem Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd.
    Allerdings stand der Schiffbau auf der im August in Potsdam von den Alliierten beschlossenen Liste der verbotenen Industrien. Das traf die Bevölkerung schwer, denn vom Schiffbau lebte vor dem Krieg ein Fünftel der Bevölkerung.
  • In weiten Teilen der Bevölkerung gab es nach der Niederschlagung des Faschismus ein antifaschistisches Bewußtsein. Mit dem Namen der Deschimag mochte sich so recht niemand mehr identifizieren. So kam es, dass auf der Hauptversammlung der Deschimag im Oktober 1945 der Name in A.-G. "Weser" geändert wurde.