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Historie der Arbeitergeschichte und der Arbeit in der Region
Geschichte der Arbeiterbewegung in Bremerhaven

1946 – 1959

1946

  • Am 16. Mai verbietet die Militärregierung von Wesermünde die Arbeit der Einheitsgewerkschaft und lässt die Büros der Gewerkschaften schließen.
  • Im Juni wird der Sozialdemokrat Gerhard van Heukelum ehrenamtlicher Oberbürgermeister.
  • Die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der karitative Arm der Arbeiterbewegung, wurde während der Naziherrschaft verboten, ihre Mitglieder wurden verfolgt, eingesperrt und gequält. Doch nach 1945 gab es einen Neubeginn, und es dauerte etwa ein Jahr, bis am 15. Juni 1946 auch in Bremerhaven auf einer Gründungsversammlung in der Pestalozzischule die Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven unter den gleichen Zielsetzungen wie 1919/1920 wieder ins Leben gerufen wurde, wobei 35 Mitglieder aus der Zeit vor 1933 erscheinen konnten.
  • Am 11. Juli kommt es nochmals zur Gründung von Gewerkschaften, doch nun nicht mehr als zentrale Organisation, sondern als 8 selbständige Gewerkschaften.
  • Am 2. Oktober zählt Wesermünde 99.208 Einwohner.

 

1947

  • Gründungsversammlung eines Ortsausschusses der Freien Gewerkschaften für den Stadt- und Landkreis Wesermünde am 6. Februar. Vorsitzender ist Bernhard Lohmüller, der spätere 1. Bevollmächtigte der IG Metall.
  • Die amerikanische Militärregierung erklärte das Verwaltungsgebiet Bremen und die Stadt Wesermünde zum selbstständigen Land Bremen. Als Folge der Gründung des Landes Bremen beschloss die Stadtvertretung einstimmig der Stadt Wesermünde den Namen Bremerhaven zu geben. Dies geschah ohne jeden Druck von außen. Der neue Name ist seit dem 10.03.1947 gültig.
  • Beginn des Wiederaufbaus Bremerhavens.
  • Ein am Geestheller Damm gelegener ehemaliger Feuerlöschteich wird umgebaut und am 15. Mai als Sportbad des Arbeiter-Turn- und Sportbundes eröffnet.
  • Auf den Bremerhavener Werften arbeiten 3.250 Beschäftigte.
  • Die Bremerhavener Fischereiflotte vergrößerte man im Dezember durch einen neuen Dampfer, der nach kurzer Probefahrt von der Seebeckwerft an die Reederei Freese & Co. übergeben wurde. Das Schiff, 1941 als Vorpostenschiff von der Unterweserwerft hergestellt, baute die Deschimag in vier Monaten zum Fischdampfer um. Es war der vierte Bremerhavener Fischdampfer, der den Namen "Bürgermeister Smidt" trug.

 

1948

  • Am 5. Januar streiken die gesamten Belegschaften von Seebeck und Rickmers gegen die Kürzung von Rationen. Schon nach einem Tag wird die Maßnhame rückgängig gemacht.
  • Am 8. Januar streiken auf allen Werften 1600 Schweißer und Schmelzer gegen eine Kürzung der Milchration.
  • Über die Situation der Werftindustrie an der Weser schrieb der "Weserkurier" in diesem Jahr: "In Bremen und Bremerhaven arbeiten 27 Werften mit 6 Schwimmdocks, 5 Trockendocks und 37 Slipanlagen; sie beschäftigen 10.400 Arbeiter. Seit der Kapitulation wurden 5.342 Reparaturen an Schiffen jeder Art, vom Ozeandampfer bis zum Hafenfahrzeug, vorgenommen; 626 dieser Reparaturen betrafen Fischdampfer, 265 andere Fischereifahrzeuge. Über 800 Leichter und Kähne und mehr als 850 amerikanische Frachtdampfer lagen zwecks Reparaturen und Überholung in den bremischen Werften, ebenso 294 Minensuch- und Räumboote…
    Zur Ausnutzung der verbliebenen Kapazität stellen die bremischen Werften alle Arten von Gebrauchsartikeln her: vom Kochzubehör(Pfannen, Töpfe usw.) bis zur vollständigen Wiederherstellung von zerstörten und abgewrackten Lokomotiven. 10 Lokomotiven wurden bereits wiederhergestellt... Außerdem werden auf den Bremer Werften Kranteile, Automobil- und Traktorenteile, Textilmaschinenteile, Druckpressenteile usw. hergestellt."
  • Nach langen Verhandlungen mit den Alliierten wurde am 13. April die offizielle Beendigung der Demontage, mit der die Alliierten nach Beendigung des Krieges begonnen hatten, auf der A.G. "Weser" verkündet. Das Schiffbauverbot blieb davon jedoch vorerst unberührt.
    In Washington einigten sich die drei westlichen Außenminister auf eine Revision des Reparations- und Demontage-Programms. Die erste Lockerung des Schiffbauverbots wurde angekündigt: Werften, soweit sie intakt waren, durften 1.500-BRT-Schiffe für die europäische Küstenfahrt - maximal 12 Knoten schnell - und Fischdampfer bauen. Diese Lösung konnte jedoch nicht befriedigen, da kein Reeder derart unwirtschaftliche Schiffe bestellen würde.
    Wilhelm Kaisen, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen, sprach daraufhin selbst mit den Franzosen, Briten und Amerikanern. Die Aussprache brachte Lockerungen für den Exportschiffbau, und für das Genehmigungsverfahren für den Handelsschiffbau sollte zukünftig die Bundesregierung zuständig sein. Die Hohen Kommissare begnügten sich mit einer Kontrolle. Fortan konnten 6.000 Werftarbeiter im Land Bremen beschäftigt werden.
  • Gerhard van Heukelum wird am 18. Mai als Senator für Arbeit und Wohlfahrt in den vom Bremer Bürgermeister Wilhelm Kaisen geführten Senat der Freien Hansestadt Bremen berufen.
  • Im Oktober wurde die bremische Verfassung verabschiedet; hier legte man ausdrücklich fest, daß das Land Bremen eine wesentliche Aufgabe darin sieht, den Schiffbau, die Schiffahrt und die Fischerei zu pflegen.
  • Am 11. November kommt es zu einer Hungerdemonstration auf dem Torfplatz mit 12.000 Teilnehmern.
  • Die Gewerkschaften rufen am 12. November zu einem 24-Stündigem Streik gegen die unzureichenden Lebensmittelrationen auf. Gleichzeitig ruht in allen Betrieben einen Tag lang die Arbeit. Daraufhin werden die Zuteilungen erhöht.
  • Der erste Schiffsneubau in Bremerhaven nach dem Kriege, der 392 BRT große Fischdampfer "Auguste Kämpf", läuft am 22. Dezember auf der Rickmers Werft vom Stapel.
  • Bremerhaven zählt 103.452 (49.353 männliche, 54.099 weibliche) Einwohner.
  • Auf den Bremerhavener Werften arbeiten im November 4.600 Menschen.

 

1949

  • Die bisherige "Seefischmarkt Wesermünde GmbH" führt nun den Namen "Fischereihafen-Betriebsgesellschaft mbH Bremerhaven".
  • Die Militärregierung setzt am 10. Januar die öffentlichrechtlichen Funktionen aller Kammern im Land Bremen außer Kraft. Dadurch verlieren die Arbeiter- und Angestelltenkammer, das Recht, Mitgliedsbeiträge einzuziehen. Wilhelm Kaisen, Bremer Bürgermeister und Präsident des Senats, setzt sich für die Kammern ein, indem er gegenüber der Militärregierung auf die besondere Stellung der Kammern hinweist. Doch zunächst ohne Erfolg.
  • Im Fischereihafen findet am 23. März die erste Fischauktion nach dem Kriege statt.
  • Beginn des ersten Bauabschnittes der neuen Fahrgastanlage "Columbusbahnhof".
  • Nach dem Washingtoner Abkommen wird am 13. April das Schiffbauverbot weiter gelockert. Die Höchstgrenze für Frachtschiffe und Tanker liegt bei 7200 BRT, für Fischerifahrzeuge bei 650 BRT.
  • Auf den Bremerhavener Werften arbeiten im April 5.050 Beschäftigte.
  • Im Oktober kommt es in München zur Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) als Dachorganisation der 16 Einzelgewerkschaften mit dem ersten Vorsitzenden Hans Böckler.

 

1950

  • Bremens Bürgermeister Wilhelm Kaisen bereitet durch zähe Verhandlungen bei den Amerikanern vor, daß die von der Besatzungsmacht verfügte Größenbeschränkung beim Bau von Handelsschiffen und Fischdampfern aufgehoben wird.
  • In Bremerhaven sind 118 Fischdampfer mit 50.735 BRT beheimatet, das sind 51% der Hochseefischereiflotte der Bundesrepublik Deutschland.
  • Ab 1950 sind beim Technischen Betrieb des Norddeutschen-Lloyd die schwersten Nachkriegsjahre vorbei, denn es wurden mehrere außerordentlich erfolgreiche Tankerreparaturen mit auskömmlichen Preisen durchgeführt und weitere waren aufgrund der Termintreue in Aussicht gestellt. Allein 1950 lagen 14 Tanker in der Werft.
  • Im Juni läuft das erste auf einer Bremerhavener Werft nach dem Krieg gebaute deutsche Handelsschiff für die Küstenfahrt vom Stapel: Das auf der Seebeckwerft gebaute, rund 1.500 BRT vermessende, Küstenmotorschiff "Adler" für die Argo Reederei in der Englandfahrt.
  • Im Fischereihafen wird die Auktionshalle X-Nord gebaut.
  • Auf den Bremerhavener Werften arbeiten im März 5.400 Beschäftigte.
  • Nachdem 1949 durch die Militärregierung die öffentlichrechtlichen Funktionen der Arbeiter- und Angestelltenkammern außer Kraft gesetzt wurden, wird in diesem Jahr die frewillige Zugehörigkeit ohne Beitragspflicht gesetzlich verankert.

 

1951

  • Wilhelm Titgemeyer wird 1. Bevollmächtigter der IG Metall Bremerhaven/Wesermünde.
  • Mit dem 2. Petersberger Abkommen heben die drei Westmächte am 3. April alle Beschränkungen für den deutschen Schiffbau auf. Unbeschränkt an Größe, Geschwindigkeit und Tonnage dürfen jetzt Handelsschiffe, Fracht- und Passagierschiffe für den eigenen Bedarf frei gebaut werden.
  • Im Juni kam es in der Schweißerei der Seebeckwerft zu einem fünfstündigen Streik der Schweißer und Brenner. Anlass war das unkollegiale Verhalten eines Schweißers. Erst nach der Intervention eines Gewerkschaftssekretärs und der Umsetzung des Schweißers durch die Werftleitung wurde der Konflikt entschärft.
  • In diesem Jahr wurden auf der Seebeckwerft acht Frachtschiffe und sechs Fischdampfer gebaut. Ohne die ständige Materialknappheit hätte die Werft vierzig Prozent mehr liefern können und die zeitweiligen Entlassungen wären nicht notwendig gewesen. Es hätten noch einige hundert Arbeiter mehr Arbeit und Brot finden können.

 

1952

  • Auf den Bremerhavener Werften arbeiten im April 6.500 Beschäftigte. Alleine beim Technischen Betrieb des Norddeutschen-Lloyd sind es rund 2.000 Beschäftigte.
  • Nach dem Kriege mußte die Seebeckwerft neben der vordringlichen Arbeit auf dem Gebiet des Schiffbaues noch eine andere nicht weniger bedeutsame Aufgabe lösen: Die Beschaffung von Wohnraum für zahlreiche ältere Werksangehörige, die in dem stark zerstörten Bremerhaven z.T. seit Jahren völlig unzureichend untergebracht waren. Allen Widerständen zum Trotz gelang es in den Jahren 1946/48 unter größten finanziellen und materiellen Opfern, einen vollständig neuen Wohnblock mit 55 Werkswohnungen herzustellen. Weitere 30 Werkwohnungen wurden in der gleichen Zeit wiederaufgebaut.
    Im Januar 1950 fand eine Besprechung statt, an der Dr. Burkhard und Herr Wolfenstetter vom Vorstand der AG Weser, sowie die Bremer Betriebsräte Kladde, Tidding und Lürßen sowie die Bremerhavener Betriebsräte teilnahmen. Dr. Burghard führte aus, daß die Gesellschaft bereit sei, für Siedlungshäuser an der Wiesenstraße Gelände zur Verfügung zu stellen. Man erwarte allerdings Zuschüsse vom Land und von der Gemeinde.
    Im Jahr 1951 fanden diese Wohnungsbauten durch die Fertigstellung einer Siedlung mit 54 Einzel- und Doppelhäusern ihre Fortsetzung.
    Im Juli 1952 begann die Werft in der Schönianstraße zu bauen. 260.000 DM öffentliche Mittel konnten für das Projekt zur Verfügung gestellt werden. Da es sich um Sofortgelder handelte, mussten Ausgebombte, Flüchtlinge u.a. bei der Vergabe von insgesamt 44 Wohnungen berücksichtigt werden.
  • Das Gewerbeaufsichtsamt beklagt 1952 die mangelhaften Arbeitsbedingungen im GLORIA-THEATER, dem Kino in der Hafenstraße 55, darunter das Fehlen eines Arbeitszeitplans, in dem Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Pausen festgelegt sind „für die Bildwerfer-Vorführer, den Kassierer und die Kassiererin, die Süßwarenverkäuferinnen und die Platzanweiserinnen". In dem Vermerk heißt es weiter: „Am 1. Mai ist entgegen dem Tarifvertrag kein dienstfreier Tag. Einen freien Sonntag innerhalb zweier Monate gab es bis jetzt nicht."

 

1953

  • Erster großer Streik der Werftarbeiter (6 Wochen) nach dem Kriege für die Erhöhung der Stundenlöhne.
  • Am 31. März 1953 war das Lohnabkommen für die Werftarbeiter nach einer Dauer von nur 7 Monaten ausgelaufen. Die IG Metall forderte u.a. eine Erhöhung der Ecklöhne von 1,49 DM auf 1,57 DM pro Stunde, eine Erhöhung der Leistungszulage für Zeitlohnarbeiter, die tarifliche Regelung der Lehrlingsvergütung und die Anhebung der Angestelltengehälter um 7%.
    Mit ihren Forderungen wollte die IGM die Arbeitnehmer an der durch die Wiederbelebung des Schiffbaus gesteigerten Produktionskapazität beteiligen. Im April lehnten die Arbeitgeber die Forderungen der Gewerkschaft kompromisslos ab.

    Das Frühjahr 1953 stand für Bremerhaven unter der bangen Frage: Wird es auf den Werften Streik geben? Der letzte große Lohnstreik auf bremischen Seeschiffwerften lag mehr als 23 Jahre zurück; er hatte drei Monate gedauert, vom 1. Oktober 1928 bis zum 3. Januar 1929. Im Jahre 1953 beschäftigten die Werften in Bremerhaven etwa 6000 Arbeiter: Seebeck 2700, der Technische Betrieb des Norddeutschen-Lloyd 1900, Rickmers 500, Unterweser 550 und Sieghold 140. Die Schichau Werft mit ihren 300 Arbeitnehmern war von dem drohenden Arbeitskampf nicht betroffen; als überwiegender Landbetrieb war sie kein Partner des gekündigten Tarifvertrages. Zusammen mit den Familien der Werftarbeiter und Angestellten und den Arbeitern der Zuliefererbetriebe drohte mehr als einem fünftel der 120.000 Bremerhavener Einwohner durch Streik wirtschaftliche Bedrängnis. Hinzu kam, dass schon im Vorfeld des sich abzeichnenden Arbeitskampfes die Werften Terminaufträge ablehnen mussten und damit ihre zukünftige Auslastung gefährdet war; die Arbeitgeber versäumten nicht, auf die Folgen "umfangreicher Arbeitnehmerentlassungen" hinzuweisen.

    Die "Nordsee-Zeitung" schrieb am 25. April: "Ab heute Streik auf den Werften."

    Am Samstag, dem 25. April 1953, traten 14.000 Arbeitnehmer im Lande Bremen in den Ausstand. Auf den Werften ruhte ab 10.00 Uhr die Arbeit, der Streik hatte begonnen. Für ihn hatten sich in einer Urabstimmung fast 92% der gewerkschaftlich organisierten Werftarbeiter ausgesprochen, nachdem kurz zuvor der Arbeitgeberverband der Metallindustrie öffentlich behauptet hatte, "der heutige Stundendurchschnittsverdienst eines gelernten Werftarbeiters beträgt etwa 1,80 DM". Diese auf statistische Zahlen gestützte Aussage hatte unter den Werftarbeitern, die einen anderen Verdienst auf ihren wöchentlichen Lohntüten lasen, zu einer "starken Erregung" geführt, wie die Nordsee-Zeitung berichtete. Die auf Vermittlung des Arbeitssenators Gerhard van Heukelum eingeleiteten Verhandlungen brachen die Tarifparteien nach 24 Std. ab. Die Werften hatten inzwischen Reparaturaufträge zurückgehen lassen; fast fertig gestellte Schiffe wurden nach England und Hamburg geschleppt; nur der schwedische Metallarbeiterverband hatte in einer Solidaritätserklärung zugesichert, auf schwedischen Werften sollten keine Schiffe repariert werden, die Bremer Werften während des Streiks verlassen hätten.

    Am 27. April wurde von, als Streikbrecher eingesetzten, Meistern und Lehrlingen der Fischdampfer Max Grundebach des Unterweser-Slip zu Wasser gelassen. Die Namen der Streikbrecher blieben unbekannt.

    28. April: Von der Seebeckwerft hatte die Reederei J. A. Reinecke, Hamburg, den 1500 BRT großen Motortanker "Hinrich" nach Hamburg schleppen lassen, um ihn dort mit eigenen Mitteln fertig zu bauen. Der Neubau stand kurz vor seiner Ablieferung.

    Unmittelbar vor dem 1. Mai reagierten die Arbeitgeber auf den Ausstand. Gestützt auf den Metalltarifvertrag vom 27. Februar 1950 stellten den 14.000 streikenden Werftarbeitern ein Schreiben zu, in dem diesen mit sofortiger Wirkung fristlos gekündigt wurde.
    Entsprechend stark war die Beteiligung, nicht nur der Gewerkschafter, sondern auch der gesamten Bevölkerung, an den Aufmärschen zum 1. Mai, die, begleitet von Schalmeienbläsern und Trommlern, auf dem Neumarkt in Geestemünde zur Abschlusskundgebung zusammentrafen. "Schaffende Bremerhavener, übt Solidarität mit den Werftarbeitern", hieß es auf den Transparenten.

    5. Mai: Die NZ schrieb, daß die KPD versuche, aus dem Werftarbeiterstreik Kapital zu schlagen. "Wie festgestellt wurde, suchen seit einigen Tagen Kommunisten die hiesigen Geschäfte auf und bitten um Geld- bzw. Sachspenden für die Streikenden oder zur Unterstützung von deren Familien."

    7. Mai: Ein KP-Dringlichkeitsantrag zum Werftarbeiterstreik in dem gefordert wurde, aus Landesmitteln den streikenden Arbeitern eine Unterstützung von wöchentlich 20 DM zu gewähren, wurde zwar von KPD und SPD unterstützt, fand aber keine Mehrheit. Die NZ schreibt: "Für die erste Streikwoche werden, wie aus Bremen berichtet wird, am Donnerstag und Freitag an alle gewerkschaftlich organisierten Streikenden Unterstützungen ausbezahlt, die je Arbeiter durchschnittlich 35 DM betragen. Für Familienangehörige gibt es Zuschläge." Außerdem gab es Lebensmittelgutscheine, die die Bremerhavener Geschäftsleute einlösten.

    Das erste von der IG Metall herausgegebene Blatt "Streik-Nachrichten" erschien kurz darauf. Ab dann erschien es täglich. Die IG-Metall erklärte darin: Durch die geforderte Stundenlohnerhöhung um acht Pfennige würden die Lohnkosten um etwas mehr als 5 % ansteigen. Der Lohnanteil an den gesamten Produktionskosten sei aber in den letzten Jahren immer geringer geworden.
    Die Lohnerhöhung betrage infolgedessen auf eine DM Umsatz einen Pfennig. Weiter hieß es in den "Streik-Nachrichten": Mit großer Entschiedenheit wenden sich unsere Kollegen gegen die Treibereien der KPD, für die offensichtlich große Geldsummen zur Verfügung stehen.

    Am 12. Mai verzeichnet das Wachbuch der Streikleitung:" Um halb acht Uhr konnten die Streikposten bei Sieghold nicht verhindern, dass Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge ohne Ausweise die Werft betraten, da dieses unter Polizeischutz geschah. Die Wache wird am Mittwoch auf 45 Mann verstärkt."

    Am 13. Mai wurde die Streik-Wache bei Seebeck auf 40 Mann von 5 - 8 Uhr verstärkt. Bei der Sieghold-Werft wurden die Streikposten ebenfalls auf 40 Mann verstärkt. Da aber ein starkes Polizeiaufgebot da war, konnte wiederum nicht verhindert werden, daß Angestellte und Lehrlinge ohne Ausweise den Betrieb betraten.

    Am 15. Mai fand bei Seebeck eine von der IG Metall einberufene Mitgliederversammlung statt, auf der Gewerkschaftssekretär Bohnsack, Hamburg, sprach.

    In ihrer Wochenendausgabe vom 16./17. Mai gab die Nordsee-Zeitung den bis dahin eingehaltenen Grundsatz strikt neutraler Berichterstattung auf. Mit der Überschrift "Lohnt es sich, um einen Pfennig noch zu streiten?" räumte sie einem anonymen Maschinenschlosser vom Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd drei Spalten für ein Plädoyer gegen eine Fortsetzung des Streiks ein.

    In der 3. und 4. Streikwoche schien sich mit dem Vorschlag Senator van Heukelums an die Tarifpartner, die Ecklöhne um 4 Pfennig zu erhöhen, eine Entspannung abzuzeichnen. Die Arbeitgeberseite unterbreitete auf der Grundlage dieses Vorschlages am 21. Mai ein Angebot. Die Vertrauensmänner-Versammlung der IGM, die am 22. Mai in der Aula der Wilhelm-Raabe-Schule zusammentrat, lehnte dieses Angebot einhellig ab. Die Fronten der Tarifparteien erstarrten, die Unruhe in Bremerhaven wuchs.

    In der Pfingstausgabe, forderte die Nordsee-Zeitung das nochmals Streikende unter Hinweis auf die bedrohliche wirtschaftliche Lage und die Stimmung in der Bevölkerung. Während in Bremen und Bremerhaven ganze Schienenstränge von Güterwagen mit Werftmaterial besetzt waren und nicht entladen werden konnten, verhärteten sich in der 5. Streikwoche die Fronten abermals.

    28. Mai: KP- Betriebsgruppen überrumpelten Dienststellen. Die Kriminalpolizei fahndete nach Angehörigen der Betriebsgruppen der KP-Werften, die 500 als "Spenden der Arbeiterwohlfahrt Oldenburg" getarnte "Solidaritätspäckchen" aus der Sowjetzone einführten und verteilten. Die IG Metall teilte mit, dass sie Gutscheine für verbilligtes Brot an die Streikenden ausgeben werde.

    3. Juni: Solidaritätsausschuss sammelte 8000 DM. Verfahren eingeleitet, da Sammlung nicht genehmigt. Rund 8000 DM Bargeld, außerdem Lebensmittel und Bekleidung, erbrachte die vom "Solidaritätsausschuss Bremerhaven" durchgeführte Sammlung zur Unterstützung der Streikenden auf den bremischen Werften. Die IG Metall, Ortsverein Bremerhaven, distanzierte sich, soweit die Fälle ihr bekannt waren, von der Sammlung.

    Ende der 6. Streikwoche, am 6. Juni, konnte auf Vorschlag des Bremer Senats ein Kompromiss erzielt werden. Die Ecklöhne sollten um 5 Pfennige steigen und mehr als 14.000 Werftarbeiter binnen neun Tagen nach Streikende wieder eingestellt werden.

    8. Juni: Werftarbeiter nahmen Stellung. Zwei Werftarbeiterversammlungen fanden statt - eine bei Seebeck am Leher Altmarkt und eine in der "Femina" in Geestemünde. Die insgesamt 1.700 Werftarbeiter diskutierten die Vorschläge und äußerten sich unbefriedigt. Die IG Metall erklärte, dass ein anderes Ergebnis nicht erreichbar gewesen sei.

    Am Ende konnte die Streikleitung der IG Metall der Öffentlichkeit mitteilen, dass nach dem Ergebnis der Urabstimmung der Streik nicht fortgesetzt wird. Die zentrale Streikleitung der IG Metall teilte mit, dass das Abstimmungsergebnis die Dreiviertelmehrheit zur Fortführung des Streiks nicht erreicht hatte und damit das Verhandlungsergebnis, die Ecklöhne der gelernten Arbeiter um fünf Pfennig pro Stunde zu erhöhen, als angenommen galt.

    9. Juni: Auf den Bremerhavener Werften begann wieder die Arbeit. Der Streik der 14.000 Werftarbeiter war damit beendet.
  • Bis 1953 wurden die Freihäfen in Bremerhaven privatwirtschaftlich betrieben. Alle 5 Jahre wurde der Hafenbetrieb von der Landesregierung neu vergeben. In diesem Jahr erfolgte die Vergabe an die Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG). Die Firma Adolf Brauns GmbH, die bisher maßgeblich den Hafenbetrieb geprägt hatte, hatte das Nachsehen.
  • Auf den Bremerhavener Werften arbeiten 7.200 Beschäftigte.


1954

  • 25. November: Grundsteinlegung für "Grünhöfe". Die "Gewog" baut hier 2.136 Wohnungen.
  • Erneute Überlegungen zur Zusammenlegung der Arbeiter- und Angestelltenkammern, die jedoch wieder nicht zustande kommt. Weiterhin gibt es große Unterschiede zwischen den eher konservativen Angestellten und den eher progressiven Arbeitern. Außerdem besteht in politischen und gewerkschaftlichen Kreisen die Befürchtung, an eine Fusion sei auch die Pflichtmitgliedschaft gekoppelt, die zu diesem Zeitpunkt abgelehnt wird.

 

1955

  • Auf den Bremerhavener Schiffswerften sind 8.700 Beschäftigte tätig.
  • Der als „Langer Heinrich“ bekannte 1914 für die Kriegsmarine in Wilhelmshaven erbaute 250-t-Schwimmkran mit eigenem Antrieb wurde nach dem Zweiten Weltkrieg den Amerikanern zugesprochen. Die ließen ihn in diesem Jahr beim Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd auf dieselelektrischen Antrieb umbauen.
  • Das erste Hochhaus in Bremerhaven am Freigebiet ist fertiggestellt.

 

1956

  • Ab Juni wird in der Bürgerschaft das neue Arbeitnehmerkammergesetz diskutiert. Neben der Diskussion um verpflichtende oder freiwillige Mitgliedsbeiträge zu den Arbeiter- und Angestelltenkammern wird auch die grundsätzliche Daseinsberechtigung der beiden Kammern thematisiert. Es geht dabei auch um ihre Abgrenzung zu den Gewerkschaften. Am 28. Juni verkündet der Senat das neue Kammergesetz, in dem unter anderem auch die Beitragspflicht festgelegt wird.
  • Am 1. Oktober beginnt auf der Seebeckwerft die 5-Tage-Woche.
  • Die Schuppen F und G an der Westkaje des Verbindungshafens längs der Steubenstraße werden wieder aufgebaut.
  • Ende des Jahres besteht die Flotte des Norddeutschen Lloyd wieder aus 36 Überseeschiffen mit insgesamt 211 000 BRT (285 000 tdw), wovon seit 1951 29 Neubauten sind.

 

1957

  • Wilhelm Titgemeyer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Bremerhaven/Wesermünde wird abgewählt. Sein Nachfolger wird Harald Rakowski.
  • Von der Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG) wird ein Schiffsreparaturbetrieb unter dem Namen "IVG Schiffs- und Motorenreparaturwerk" gegründet.
  • Beim Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd sind 2.143 Personen Beschäftigt, der höchste Stand seit 1945. Es werden 139 Schiffe mit 1.650.000 BRT gedockt, die einen Umsatz von rund 1 Mio. DM erbringen.

 

1958

  • Wilhelm Titgemeyer, zuvor 1. Bevollmächtigter der IG Metall Bremerhaven/Wesermünde, wird am 1.1.1958 (bis März 1972) Leiter der Nebenstelle Bremerhaven bei der Arbeiterkammer Bremen.
  • Harald Rakowski, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Bremerhaven/Wesermünde, wird aufgrund privater Affären "aus dem Verkehr gezogen". Neuer 1. Bevollmächtigter wird Jonny Rappeport, gelernter Feinmechaniker und seit 1948 Sekretär der IG Metall in Hamburg.

 

1959

  • Der Nordhafen wird ausgebaut.
  • Baubeginn der Fahrgastanlage II an der Columbus-Kaje.
  • Ab diesem Jahr wird das Reparaturgeschäft für den Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd etwas schwieriger und die Zahl der Beschäftigten reduziert sich auf rund 1.880 Personen.