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Eine Entstehungsgeschichte
Vom Arbeiterverein zur Gewerkschaft

Anfänge, Widerstände, Hoffnungen

Eine Entstehungsgeschichte

 

1. Interessengruppierungen um 1849

Die Revolution 1848 führte dazu, daß sowohl auf bürgerlicher Seite als auch auf Seiten der Arbeiterschaft die Lage der Industriearbeiter mitbehandelt wurde. Es entstanden dann mit der Gründung der Verbände der Zigarrenarbeiter und der Buchdrucker erste gewerkschaftliche Organisationen.
Die Revolutionstage 1848 brachten an vielen Orten die Möglichkeit, Zusammenschlüsse zu bilden, um die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der wachsenden Zahl von Industriearbeitern zu verbessern.

Die Ziele der Arbeitervereine waren z.B.:
1. Selbsthilfe bei Krankheiten, Unglücken, Kindererziehung
2. Bessere Bildung (Volksbibliotheken und Sonntagsschulen)
3. Forderungen (Begrenzung der Arbeitszeit auf 6.00 bis 18.00, Bezahlung von Überstunden, dreimal täglich eine halbe Stunde Pause zu den Mahlzeiten, Weiterbezahlung der halben Lohnes bei Krankheit, der Mindestlohn eines erwachsenen Arbeiters sollte 20 Silbergroschen sein.)

1849 zeigte sich, daß die Revolution ohne Folgen geblieben war und die alten Machtstrukturen wieder hergestellt waren. Von der nun einsetzenden Unterdrückung wurde auch die Arbeiterschaft stark betroffen. Die 1848 gebildeten Arbeitervereine wurden aufgelöst, gewerkschaftliche Zusammenschlüsse untersagt, Neubildung solcher Vereine ab 1854 von allen deutschen Regierungen bei Strafe untersagt. Die Lösung der sozialen Frage wurde erst einmal verdrängt.


2. Situation 1850-1860

In den Jahren von 1850 bis 1860 war von politischen Aktivitäten der Arbeiterschaft wenig zu sehen. In dieser Zeit nahm die Entwicklung der Industrie in Deutschland einen riesigen Aufschwung. Es verdoppelten sich die Industrieproduktion, die Länge des Eisenbahnnetzes und der Außenhandel. Immer mehr Arbeiter wurden benötigt.
Ihre Arbeitsleistung stieg um mehr als 50 % an. Dies kam daher, daß im Zuge der Entwicklung zu Großbetrieben immer bessere Maschinen eingesetzt wurden, die von qualifizierteren Arbeitern bedient werden mußten. Die Arbeitskraft war also etwas wertvoller geworden. Daher wurde die Arbeitszeit verkürzt und die Entlohnung leicht verbessert.
Diese leichten Verbesserungen machten es vielen Arbeitern erst möglich, die Zeit zu finden, sich für ihre Interessen einzusetzen. Die gestiegene Zahl von Arbeitern ließ die Erkenntnis wachsen, daß sie gemeinsam ihre Interessen vertreten sollten. Die zur Zeit der Revolution erlassenen Verbote waren aufgehoben oder gemildert worden.
 

3. Entstehung der Gewerkschaften

Eine wirtschaftliche Krise um 1866 führte zu Lohnsenkung und Arbeitslosigkeit bei höheren Lebensmittelpreisen aufgrund einer Mißernte. Versuche, höhere Löhne durch Streiks zu erreichen, scheiterten. Dies gab dem Bedürfnis, sich gewerkschaftlich zu organisieren, neuen Auftrieb.
Es wurden gegründet:
1865: Zigarrenarbeiter- und Schneiderverband
1866: Der Allgemeine Deutsche Buchdruckerverband
1868: Der Allgemeine Deutsche Bäckerverein
Daraufhin erkannten auch die Arbeiterparteien die Notwendigkeit, Gewerkschaftsorganisationen zu gründen.
1868 gründete der ADAV die sozialdemokratischen "Arbeiterschaften", und es entstanden auf dem Verbandstag der deutschen Arbeitervereine die "Internationalen Gewerksgenossenschaften". Doch innerhalb der Parteien bestand keine Einigkeit, ob die wirtschaftlichen oder die parteipolitischen Fragen mehr Bedeutung hätten. Der ADAV forderte von den Mitgliedern seiner Gewerkschaftsorganisation, den Arbeiterschaften, die Anerkennung seiner politischen Grundsätze. Daraufhin verlor er viele Mitglieder. Auch bei der zweiten Partei um Bebel-Liebknecht, die die Internationalen Gewerksgenossenschaften gegründet hatte, blieb diese eher im Hintergrund.


4. Auswirkung des Sozialistengesetzes

1878 verbot Bismarck mit seinem Sozialistengesetz die sozialdemokratischen Parteien und alle Gewerkschaften, soweit sie sozialistische Ziele verfolgten. Fast alle Gewerkschaften wurden verboten, Kassenbestände und Mitgliederlisten wurden beschlagnahmt, Versammlungen, Zusammenkünfte oder Veröffentlichungen wurden verboten. Viele politisch organisierte Arbeiter wurden von den Unternehmern entlassen.
Erste vorsichtige Ansätze, die Organisationen trotz der Verbote aufrecht zu erhalten, begannen bereits Ende 1878. Man gab Faltblätter heraus, die sich nur mit beruflichsozialen Fragen befaßten, aber vor allen Dingen den Kontakt zwischen den ehemaligen Gewerkschaftsmitgliedern halten sollten. So bildeten sich nach und nach wieder Fachverbände, die sich zu Zentralverbänden zusammenschlossen. Sie unterstützten ihre Mitglieder finanziell in Notsituationen und betätigten sich nicht politisch. Doch waren sie im Hintergrund oft an der Organisation von Streiks mit beteiligt. Aufgrund zahlreicher Streiks versuchte 1880 der preußische Innenminister von Puttkamer, durch einen "Streikerlaß" das Sozialistengesetz noch zu verschärfen. Trotzdem war die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiter nicht aufzuhalten. Streiks gaben immer weitere Impulse zur gewerkschaftlichen Organisierung. Das Sozialistengesetz, daß bis 25.2.1890 galt, hatte die gewerkschaftlichen Organisationen nicht zerschlagen können. Es hatte sie zu kämpferischen Organisationen verändert.

Die Mitgliederzahl war von
1877: ca. 49000 Mitglieder auf
1890: ca. 237000 Mitglieder stetig angestiegen.
Ab Ende der 90er Jahre wuchsen die Gewerkschaften nunmehr rasch an.